Brüssel, 29. Juni 2022. Die Solidarität mit der Ukraine braucht einen langen Atem. In den nächsten Wochen werden absehbar mehr ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland ankommen, etwa von Polen aus. Denn im Nachbarland laufen finanzielle Hilfen für Haushalte, die Geflüchtete aufgenommen haben, nach und nach aus. Die jüngsten Angriffe auf ukrainische Städte verstärken gleichzeitig den Druck auf Frauen und Kinder, vor den russischen Aggressoren zu fliehen. Mehr...
Vor diesem Hintergrund werben Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, und Caritas Europa-Präsident Michael Landau heute im Gespräch mit EU-Kommissarin Ylva Johansson (Inneres) und EU-Kommissar Nicolas Schmit (Beschäftigung und soziale Rechte) für einen besseren Zugang von Geflüchteten aus der Ukraine zu Wohnraum und ärztlicher Versorgung in der EU sowie für ein resoluteres Vorgehen der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten gegen Menschenhandel. Mit Nachdruck plädieren die Caritas-Verantwortlichen Ylva Johansson gegenüber dafür, die positiven Erfahrungen mit der Aufnahme von Menschen aus der Ukraine als Blaupause für den Umgang mit allen Geflüchteten zu nutzen und die europäische Migrationspolitik neu auszurichten.
Migrationspolitik als Chancenpolitik
„Die Erfahrungen der vergangenen Monate zeigen, wie positiv es ist, wenn Asylsuchende und andere Geflüchtete sich innerhalb der EU frei bewegen können. Wenn Cousins, ehemalige Nachbarn, Freundinnen und Freunde bereits in dem EU-Land sind, zu dem sich die Einreise vollzieht, können erste Orientierung und Integration damit erheblich erleichtert werden,“ erklärt Welskop-Deffaa.
„Es ist enorm wichtig, dass wir den Menschen, die vor der russischen Invasion der Ukraine flüchten, beistehen. Wir fordern entschiedene Maßnahmen gegen Menschenhandel, Mechanismen der Familien-Zusammenführung und flexiblere Regeln für Ukrainerinnen und Ukrainer, die zurzeit zwischen dem Heimatland und der EU pendeln müssen“, so Welskop-Deffaa weiter.
Fairer Verteilungsmechanismus, Zugang zu Asylverfahren
„Die Solidarität, die sich mit Geflüchteten aus der Ukraine manifestiert, muss Vorlage für die gesamte EU-Migrationspolitik sein“, so Michael Landau. „Der Umgang mit geflüchteten Menschen an der Grenze zwischen Belarus und Polen, die Pushbacks und die jüngsten Vorschläge zu einer Reform des Schengen-Systems sind besorgniserregend. Am Ende sollte beides möglich sein: Menschen als auch Grenzen zu schützen.“
Die Caritas fordert einen fairen, permanenten Verteilungsmechanismus von Geflüchteten innerhalb der EU sowie sichere Asylverfahren für alle Menschen auf der Flucht. Wir appellieren auch eindringlich an die EU-Mitgliedsstaaten, ihre Resettlement-Versprechen für besonders vulnerable Gruppen von Geflüchteten ernst zu nehmen. Von den 60.000 Menschen, zu deren Aufnahme sich die EU-Länder in diesem Jahr im Rahmen von Resettlement-Programmen verpflichtet haben (darunter 40.000 aus Afghanistan), sind bisher lediglich etwa 4.000 angekommen.
Häusliche Pflege als wesentlicher Baustein der EU-Pflegestrategie
Im Gespräch mit Kommissar Schmit standen neben der Suche nach tragfähigen Lösungen für die Unterbringung von Geflüchteten und die erleichterte Anerkennung von Berufsabschlüssen die Bekämpfung der Energiearmut und die EU-Pflegestrategie auf der Agenda. Die Caritas drängt darauf, dass die EU-Kommission die Pflegestrategie noch in diesem Jahr fertigstellt. Welskop-Deffaa und Landau fordern die EU und ihre Mitgliedsstaaten auf, den Pflegesektor zu modernisieren und in ihn zu investieren. Dazu gehört Unterstützung für die nicht gewinnorientierte Langzeitpflege. „Denn alte Menschen sind kein Renditeobjekt.“
Die häusliche Pflege muss bei der Pflegestrategie vordringlich mit im Blick sein. Eine kluge Regulierung der sogenannten live-in-care, also der Pflege durch ausländische Betreuerinnen, die im Haushalt leben, gehört ganz oben auf die Agenda der europäischen Pflegepolitik. „Agenturen und Arbeitgeber, die live-in Betreuerinnen ausbeuten, gehören sanktioniert. Wir brauchen positive Anreize, um live-in-care aus der Schattenökonomie herauszuholen,“ fordert die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.
„Die EU-Kindergarantie und die europäische Strategie zur Überwindung der Wohnungslosigkeit haben sich als wichtige Impulsgeber für die Sozialpolitik hierzulande erwiesen. Wir erhoffen uns das Gleiche von der EU-Pflegestrategie. Die Caritas steht als Umsetzungspartner für soziale Zukunftsthemen bereit,“ so Welskop-Deffaa.
Mehr Informationen
Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, und Michael Landau, zugleich Präsident von Caritas Österreich und Präsident des europäischen Caritas-Netzwerks Caritas Europa mit 49 Mitgliedern aus 46 europäischen Ländern, treffen sich in Brüssel mit Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres, sowie mit Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte. Im Gespräch mit EU-Kommissar Schmit soll es zusätzlich zu den oben genannten Themen auch um den EU-Rahmen für Mindesteinkommen und um den EU-Plan für die Sozialwirtschaft gehen.
Caritas-Positionen:
Schengen reform must preserve migrants' right - www.caritas.eu
The EU must expand refugee resettlement - www.caritas.eu
Better quality and dignity of care - www.caritas.eu
Minimum income, it’s time for an EU legal framework - www.caritas.eu
European Action Plan on Social Economy Roadmap - www.caritas.eu
Herausgegeben von
Deutscher Caritasverband e.V.
Pressestelle
Redaktion:
Mathilde Langendorf (Verantwortlich)
Pressesprecherin
Telefon: 030 284447-43
Telefax: 030 284447-55
E-Mail: pressestelle@ caritas.de
www.caritas.de
www.facebook.com/caritas.deutschland
Twitter: @Caritas_web