Berlin, 15.12.2022. Seit einigen Tagen liegen die Tagestemperaturen in Deutschland unter der Null-Grad-Marke. Die ersten Kältetoten werden gemeldet. Dabei startet der Winter gerade erst. Auch wenn Corona nicht mehr das bestimmende Thema ist, ist die epidemiologische Lage angespannt und obdachlose Menschen sind einem Mehrfach-Risiko ausgesetzt. Mehr...
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) fordert daher von den Kommunen, den Kälteschutz für diese Menschen weiter hochzufahren.
Die ersten Kältetoten muss die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in diesem Winter 2022/23 bereits registrieren.
Ein 62-Jähriger wurde in Schmalkalden/Thüringen auf einer Parkbank aufgefunden. Das war bereits am 22. September. Die Temperaturen hatten knapp über dem Gefrierpunkt gelegen.
Am 22. November entdeckten Sicherheitskräfte einen obdachlosen Mann tot im Hauptbahnhof Hannover: 39-jährig, lettischer Staatsbürger - Außentemperaturen: unter null Grad.
Ob der am 1. Dezember frühmorgens in Saarlouis vor dem Globus-Supermarkt entdeckte Tote ein Kälteopfer war, konnte der Arzt nicht sicher bestätigen. Obduktionen finden in solchen Fällen oft nicht statt. Jedenfalls war er ohne Gewalteinwirkung gestorben. Jedoch hatte die Temperatur nachts bei null Grad gelegen und es hatte geregnet.
Im vergangenen Winter war, neben der Kälte, Corona eine große Herausforderung für obdachlose Menschen. In diesem Jahr sind es verschiedene Atemwegserkrankungen, die sich stark ausbreiten. Corona ist eine davon. Die Gefahr für obdachlose Mitbürger:innen, Opfer der Kälte zu werden, steigt. Der Winter startet erst und wer auf der Straße lebt, hat oft ein schwaches Immunsystem.
„Es hört sich vielleicht ein bisschen zynisch an, aber ob jemand an Unterkühlung stirbt oder mit Unterkühlung ist erst einmal egal. Oft haben Menschen auf der Straße Vorerkrankungen, die sie für Kältegrade weniger resilient machen“, sagt Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W.
Schutzangebote für Menschen ohne Wohnung oder Obdach hochfahren
Werena Rosenke weist darauf hin, dass die zivilgesellschaftlichen Verbände ihr Unterstützungsangebot bereits hochgefahren haben. „Sie setzen Kältebusse ein, bieten obdachlosen Menschen geheizte Aufenthaltsräume rund um die Uhr. Streetworker sind alarmiert und achten ganz besonders auf Menschen, die sich ganztags im Freien aufhalten. Aber die Möglichkeiten der Notfallschutz-Einrichtungen sind nicht endlos“, so Rosenke. „Gefordert sind jetzt die Kommunen, aber auch jede einzelne Bürgerin, jeder einzelne Bürger. Gemeinsam müssen wir auf die achten, die sich nicht selbst helfen können und ohne Wohnung oder Obdach leben müssen. Jeder Toter ist ein Toter zu viel. Es bedarf jetzt in Anbetracht von erhöhten Infektionsrisiken und niedrigen Temperaturen einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik und Zivilgesellschaft, um Menschen vor dem grausamen Tod in Kälte und Einsamkeit zu schützen.“
Von den Kommunen fordert die BAG W, sich stärke aktiv am Kälteschutz für obdachlose Menschen zu beteiligen, unter anderem durch folgende Maßnahmen:
Die BAG W weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Deutschland jeder unfreiwillig wohnungslose Mensch ein gesetzliches Recht auf eine ordnungsrechtliche Unterbringung durch die Kommune hat, in der er sich aufhält. Die Herkunft des Betroffenen, der Ort des Wohnungsverlustes, die Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsstatus spielen hierbei keine Rolle.
Lage wegen großer Zahl an Hilfesuchenden besonders herausfordernd
„Da wir in vielen Kommunen jetzt bereits eine hohe Zahl an Hilfesuchenden verzeichnen und die Zahl der Menschen, die - etwa aus der Ukraine - zu uns kommen, weiter steigen dürfte, müssen die Kommunen besondere Herausforderungen stemmen“, so Rosenke. „Sie dürfen dabei aber die angemessene Qualität der Unterbringung und den Kälteschutz nicht vernachlässigen.
Die BAG W fordert weiterhin – und gerade jetzt:
Letztendlich jeder gefragt
Letztendlich ist jeder gefragt, in seinem Umfeld darauf zu achten, wer Hilfe benötigt. „Das nennen wir soziale Verantwortung. In einer Gesellschaft, in der der Individualismus großgeschrieben wird, ist die gemeinsame Verantwortung ein besonders wichtiges Gut.“
Die Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, nicht wegzusehen und Personen zu melden, die sich im Freien aufhalten und deren Leben durch Kälte und Witterung bedroht ist. Bitte rufen Sie im dringenden Fall sofort den Notruf – 112!
Pressemitteilung der
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.
Waidmannsluster Damm 37
13509 Berlin
Deutschland
Tel.: +49 (0) 30 / 2 84 45 37 0
Fax: +49 (0) 30 / 2 84 45 37 19
E-Mail: info@ bagw.de
Internet: www.bagw.de
Kontakt:
Andreas Pützer, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, (030) 284 4537 – 22
andreaspuetzer@ bagw.de
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