Berlin, 27. Januar 2025. „Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland, mehr als ein Viertel der Be-völkerung hat heute eine Einwanderungsgeschichte. Die Gründe, warum Menschen nach Deutschland kommen, sind vielfältig: Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Familienzusammenführung oder Flucht sind nur einige davon. Mehr...Die Verbände der BAGFW ste-hen für eine Gesellschaft ein, die diese Menschen willkommen heißt und ihnen Teil-habe von Anfang an ermöglicht. Trotz aktueller Herausforderungen profitiert unser Land gesellschaftlich und wirtschaftlich von Zuwanderung. Investitionen in Integration sind Investitionen in die Zukunft.
Die Verbände der BAGFW gestalten die Einwanderungsgesellschaft entscheidend mit. Durch ihre Einrichtungen und Dienste wissen sie aus erster Hand, was es be-deutet, Menschen beim Ankommen und bei ihrer gesellschaftlichen Teilhabe zu un-terstützen. Die Migrationsdienste beraten und begleiten, unterstützen beim Erlernen der deutschen Sprache und bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bringen Geflüch-tete unter und sind Orte der Begegnung. Dank der verbandlichen Strukturen vernet-zen sie vor Ort sowie über kommunale, Landes- und Bundesebene hinweg und brin-gen verschiedene Perspektiven in einen größeren Zusammenhang.
Mit ihrem Zwischenruf möchten die Verbände zu einer besonnenen und evidenzbasierten Debatte über Flucht, Migration und Integration aufrufen. Es steht für unsere Gesellschaft mittlerweile viel auf dem Spiel. Aufgehängt am Thema Migration werden zunehmend Zweifel an der Handlungsfähigkeit unserer demokratischen Institutionen gesät und radikale Forderungen laut, welche den gesellschaftlichen Zusammenhalt infrage stellen. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland stehen für eine demokratische und inklusive Gesellschaft ein. Handlungsleitend sind Humanität, das Ziel einer evidenzbasierten und bedarfsgerechten Migrations- und Integrations-politik sowie die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Dies lässt sich auf die folgenden 10 Handlungsmaxime herunterbrechen:
tion ist nicht immer Ergebnis einer selbstbestimmten Entscheidung, sondern häufig durch große Not verursacht. Sie bedeutet meist, viel im Herkunftsland zurückzulassen. Die Chancen von Migrant*innen auf Teilhabe in Deutschland unterscheiden sich erheblich. Umso wichtiger ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Ankommen und gesellschaftliche Teilhabe für alle schnell möglich sind. Administra-tive Hürden sollten so gering wie möglich gehalten werden.
Wer in Deutschland Schutz sucht, muss menschenwürdig behandelt werden und wer einen Schutzanspruch geltend macht, ein faires Verfahren erhalten. Die Debatte fokussiert aktuell auf Kontrolle, Abschreckung und Restriktionen wie Zugangsbeschrän-kungen und haftähnliche Zustände. Diese Maßnahmen gefährden humanitäre Min-deststandards und damit unsere offene Gesellschaft. (Migrations-)politische Erwä-gungen finden ihre Grenzen an der unantastbaren Menschenwürde.
Die Migrationsdebatte wird oft von Mythen, Ideologien und Instrumentalisierung über-lagert. Dies führt zu Unsicherheit, Falschbehauptungen und im schlimmsten Fall zu einer ineffektiven, ad-hoc getriebenen Migrationspolitik. Scheinlösungen und spal-tende Narrative müssen hinterfragt werden, Migrations- und Integrationspolitik muss langfristig gedacht sein und auf Fakten basieren.
Rein negative Narrative über Migration unterminieren Integration und gesellschaftli-chen Zusammenhalt. Fehlende Zugangswege führen aus unserer Erfahrung heraus kaum zu weniger Migration, sondern dazu, dass sich Menschen auf immer gefährli-chere Migrationswege begeben. Wir begrüßen positive Öffnungen im Bereich Fach-kräftezuwanderung und Zugang zum Arbeitsmarkt. Es braucht darüber hinaus realis-tischen und zugleich mutigen politischen Gestaltungswillen für eine vorausschau-ende Migrations- und Asylpolitik. Unabhängig davon müssen die großen strukturellen Defizite bei Wohnungsbau, Kitabetreuung und Schulwesen angegangen werden. Auch eine inklusive und bedarfsgerechte Ausgestaltung der sozialen Infrastruktur ist Grundlage für eine nachhaltige Politik und deren Akzeptanz.
Migration und Flucht sind globale Phänomene, die eine Politik erfordern, welche eu-ropäische und globale Perspektiven mit einbezieht. Hierzu gehört der internationale Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte und die Tatsache, dass der weitaus größte Teil aller Menschen auf der Flucht Binnenvertriebene sind oder in der Region bleibt, muss der internationale Schutz und die Versorgung vor Ort gestärkt werden. Insgesamt erwarten wir eine Politik, die mit Partnerländern in enger Abstimmung und auf Augenhöhe entwickelt wird.
Migration ist Normalität und historische Selbstverständlichkeit einer jeden Gesell-schaft. Sie bringt Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Ein besonnener, aufgeklärter und ausgewogener Diskurs ist die Voraussetzung für eine informierte Migrationspolitik, die allen zugutekommt. Migration ist eine Transformationsaufgabe, die die gesamte Gesellschaft betrifft.
Die Vermischung der Themen innere Sicherheit und Migration führt zu einer proble-matischen Verzerrung des öffentlichen Diskurses. Migration wird dabei oft als Bedrohung dargestellt, was Ängste schürt und Vorurteile verstärkt. Das führt zu ineffektiven Maßnahmen und verhindert konstruktive Lösungen. Realen Gefahren wie Kriminalität und Extremismus sollte sicherheitspolitisch und durch Stärkung von Prävention begegnet werden.
Migration ist seit jeher Teil von gesellschaftlichen Veränderungen auf kultureller, wirt-schaftlicher und politischer Ebene. Diese Veränderungsprozesse erzeugen bei vielen Menschen Stress und Überforderung. Umso wichtiger ist es, Räume für Dialog und Austausch zu schaffen, um gemeinsam an einer inklusiven Gesellschaft zu arbeiten und die Gestaltungsspielräume für alle sichtbar und nutzbar zu machen. Für den so-zialen Frieden in Deutschland ist es entscheidend, dass alle Menschen hier Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen haben. Je besser diese Systeme ausgestaltet und koordiniert sind, desto größer ist die gesellschaftliche Akzeptanz.
Die rassistische Diskriminierung in Deutschland nimmt stetig zu. Auch antisemitisch motivierte Beleidigungen und Übergriffe haben jüngst massiv zugenommen. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für rassistische und antisemitische Diskriminierung und ihre Folgen in der Gesamtbevölkerung eher gering. Diskriminierung kann beim Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeit erhebliche Hindernisse schaffen und die so-ziale Teilhabe stark erschweren. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich für ein tolerantes und vielfältiges Miteinander einzusetzen und Diskriminierung, Ra-sismus und Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen.
Die Verbände der BAGFW leitet die Vision einer pluralen Gesellschaft, in der alle Menschen gleichermaßen die Möglichkeit der aktiven politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Teilhabe haben. Auf dem Weg dahin sind Haltungen und Einstellungen zu überdenken, Aushandlungsprozesse neu zu finden, Barrieren wie Benachteiligung und Ausgrenzung zu minimieren und entsprechende Unterstützungsstrukturen nachhaltig zu fördern.
Die Stellungnahme finden Sie hier.
Herausgegeben von
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V.
Evelin Scheyer
Geschäftsführerin
Telefon: 030 284447-42
Telefax: 030 284447-55
E-Mail: gf@bag-wohlfahrt.de
www.bagfw.de
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