09. APRIL 2020

Gedanken am Gründonnerstag der Karwoche

Es sind die kleinen Gesten, die heute oft zählen: ein kleines Lächeln, wenn man einer entgegenkommenden Person ausweichen muss, um den gebotenen Abstand zu halten; die freundliche Geduld in der langen Schlange vor dem Supermarkt; der zugewandte Blick beim Ausschenken einer Tasse Kaffee; das aufmunternde Wort bei der Übergabe einer belegten Stulle am Fenster der Bahnhofsmission.


Am heutigen Gründonnerstag, dem Tag des Greinens (Weinens), gedenken wir des letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern vor seiner Verhaftung. Ein trauriger Anlass, denn es war das Abschiedsmahl Jesu. Im jüdischen Glauben heißt dieser Tag „Tag der ungesäuerten Brote“. Mazzen, so heißen diese Brote, haben die gleiche Beschaffenheit wie die kleinen Oblaten beim Abendmahl. Bei den Abendmahlsfeiern in der Kirche sind also die kleinen Zeichen zurückgeblieben, die kleine Oblate und der kleine Schluck Wein. Aber welche Wirkung haben diese kleinen Zeichen! In ihnen selbst kommt Jesus Christus in unsere Existenz hinein, wir nehmen ihn in uns auf wie diese unscheinbaren Lebensmittel. Und er bewirkt bei uns die Befreiung zur Liebe. „Siehe, die Hand meines Vaters ist mit am Tisch“, sagt Jesus (Lukas 22,21). Gott kommt uns Menschen in den kleinen Zeichen sehr nahe und tut uns gut, damit wir anderen guttun können.
Ein Zeichen der Nähe Gottes sind auch alle diejenigen, die uns in unserer Arbeit an den Bahnhofsmissionen unterstützen. Dazu gehören auch die Verantwortlichen der Deutschen Bahn. Zeichen der Nähe in Zeiten, in denen man sich persönlich nicht nahe sein darf, sind besonders wohltuend.
Deshalb: achten wir auch auf die kleinen Dinge, gerade in diesen Zeiten, die so viel Großes verlangen. Die kleinen Dinge haben oft eine viel tiefere Wirkung. Bei Jesus können wir das lernen, gerade in schwierigen Tagen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Gründonnerstag.

 

Ihr

 

Klaus-Dieter Kottnik

 

 

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de