06. SEPTEMBER 2020

Gedanken zum 13. Sonntag nach Trinitatis

„Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“ (Mt 25,40)


Diese Worte richtete Jesus nach dem Matthäus-Evangelium an seine Zuhörer, nach heutiger Lesart selbstverständlich auch an die Schwestern.


Mit dieser Aussage verbinden wir manche historische Gestalt wie Martin von Tours oder Elisabeth von Thüringen, die sich den Armen und Hilfsbedürftigen zugewandt haben. In zahlreichen Legenden träumen Sie nach ihrem barmherzigen Tun, dass sie im Leidenden Christus erkannten. Offensichtlich hatten sie dieses äußere Motiv nicht nötig, um sich vielmehr aus innerem Antrieb dem Anderen zuzuwenden. Sie sind uns zu heiligen Vorbildern geworden und weisen mit ihrem Leben darauf hin, dass wir in unserer diakonischen Tat nicht nur dem hilfsbedürftigen Nächsten, sondern zugleich Christus begegnen.


Für die katholischen Christen kündigt die heute aufgerufene Bibelstelle bereits den sogenannten Caritas-Sonntag an, der in diesem Jahr 2020 am 27. September begangen wird.


Die kurze Textstelle steht im größeren Zusammenhang des „Gleichnisses vom Gericht des Menschensohnes über die Völker“. Die theologische Erklärung und Auslegung (Exegese) des gesamten Textes lässt einige interessante Schlussfolgerungen zu.


Jesus äußert sich zu der Frage, was am Ende der Tage geschieht, wenn der „Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm“ und er „sich auf den Thron seiner Herrlichkeit“ setzt und Gericht hält. Er wird die Gesegneten zu seiner Rechten stellen. Und zu denen, die im Leben nicht barmherzig waren, wird er sagen: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer…. “


Sich eine Art „Weltgericht“ vorzustellen, ist möglich, aber aufgeklärten Menschen schwer zu vermitteln. Und die Vorstellung eines strafenden Gottes erscheint in einer Auslegung des Evangeliums als Froher Botschaft von einem menschenfreundlichen Gott auch zunehmend unwahrscheinlich. Ebenso möglich ist es aber, diese Aussage auf jeden Einzelnen von uns als eine Form der abschließenden Selbstbetrachtung im Angesichte Gottes zu beziehen. Am Ende der persönlichen Tage wird jede und jeder darüber reflektieren können, wie die Bilanz des Lebens aussieht.


Dies gilt übrigens für alle, egal welchem Bekenntnis, welcher religiösen oder nicht-religiösen Weltsicht, welcher Hauptfarbe oder welcher individuellen Orientierung sie oder er sich zurechnet. Nicht die Zugehörigkeit zu irgendeiner religiösen oder weltanschaulichen Gruppe ist entscheidend, sondern allein die Haltung der Barmherzigkeit.


Wir können nicht alle ein heiliges Leben führen. Auch die Heiligen waren nicht frei von Fehlern und haben deshalb häufig genug mit sich selbst gekämpft.


Aber selbst das Geringste, was wir den geringsten Brüdern und Schwestern getan haben, tut uns selbst gut, gereicht uns zum Heil und bringt uns in Begegnung mit Christus.

 

Prof. i.R. Dr. Bruno W. Nikles
Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Bahnhofsmissionen

 

Prof. i.R. Dr. Bruno W. Nikles
Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Bahnhofsmissionen