03. OKTOBER 2020

Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2020

Nach dem Beginn der gemeinsamen neuen Geschichte im vereinigten Deutschland am 3. Oktober 1990 konnten auch Bahnhofsmissionen in den östlichen Ländern wiedereröffnet werden. Nur die Bahnhofsmission am Ostbahnhof in Berlin konnte auch in der Zeit der DDR geöffnet bleiben. Dies lag u.a. an dem vier-Mächte-Status der geteilten Stadt. Wenn in naher Zukunft die Bahnhofsmission in Erfurt auch vollumfänglich tätig sein wird, gibt es 10 Bahnhofsmissionen in den vier östlichen Bundesländern. Mit bewunderungswürdigem Engagement einzelner Persönlichkeiten und teilweise neuer Träger wurden diese Stationen aufgebaut und haben jeweils ihr eigenständiges Profil als Bahnhofsmission. Nach meiner Beobachtung haben sie hohe Anerkennung an ihren Bahnhöfen und in den Städten, so dass auch zuweilen ganz neue Wege versucht werden können. In unserer Gemeinschaft der Bahnhofsmissionen gibt es ein großes Zusammengehörigkeitsverständnis – und die neuen Bahnhofsmissionen tragen dazu sehr stark bei.


Überall in unserem Land wird derzeit über die Probleme des Zusammenwachsens in den vergangenen 30 Jahren gesprochen. Auch Fehler werden benannt. Das muss sein, denn es wurde viel Gutes erreicht, es wurden aber auch gravierende Fehler gemacht. Die Mitarbeitenden der östlichen Bahnhofsmissionen können von Lebensgeschichten einzelner Gäste erzählen, die aus der Bahn geworfen wurden, weil sie keine Arbeit mehr gefunden haben oder unter Veränderungen zu leiden hatten. Es ist gut, dass es diese Orte gibt, an denen die Menschen so sein können, wie sie sind und auch einiges von dem, was sie beschäftigt, los werden können.


Mir wurde bei Besuchen von Gästen erzählt, wie wichtig es ist, dass sie bei der Bahnhofsmission Menschen finden, die ihnen zuhören und die sie wichtig nehmen. Einer sagte sogar: „Für mich ist das hier ein Licht in meinem Leben“. Daran musste ich denken, als ich das Wort der Herrnhuter Losung für diesen 3. Oktober gelesen habe: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell“ (Jesaja 9,1).


Als Christen leben wir von dem Licht, das Christus in unser Leben bringt. Dieses Licht wollen wir weitergeben. Deshalb sind Bahnhofsmissionen solche Orte des Lichts. Es wird immer Menschen geben, die auf andere angewiesen sind. Sie brauchen Menschen, die einfach da sind. Ich freue mich, dass es diese Menschen gibt, vor allem auch dort, wo Menschen in den letzten dreißig Jahren die gravierendsten Lebensveränderungen erfahren haben und manchmal noch die Folgen zu tragen haben.


Klaus-Dieter Kottnik

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de