04. OKTOBER 2020

Gedanken zum Erntedankfest am 4. Oktober 2020

 

Ein Freund erzählte mir kürzlich von einer Sommerwanderung auf den Brocken im Harz durch völlig verdorrte Bäume. Ich kenne noch den herrlichen grünen Wald auf dieser Wanderung. Überall in Deutschland können wir nach wieder einem heißen Sommer die Folgen des Klimawandels erkennen. Die Trauben hatten schon vor der üblichen Weinlese mancherorts zu viel Süße, weite Teile des Ackerbodens vor allem im Osten sind ausgetrocknet, die Flüsse und Seen zeigen sich mit niedrigem Wasser wie kaum vordem.

 

Dennoch sind die Regale voll, die Läden zeigen keinen Mangel und wir haben reichlich zu essen. Gleichzeitig erfahren wir von weltweiten Dürregebieten, und die Erfolge der Hungerbekämpfung auf der Welt werden zunichte. Menschen mit leeren Mägen sind auf der Flucht. Wir ahnen, wir stehen vor tiefgreifenden Veränderungen auf dieser Welt, die vor allem unsere Enkel treffen werden. Wir haben Verständnis für das Aufbegehren junger Leute, denn es geht um ihre Zukunft.

 

Auch bei unseren Bahnhofsmissionen stellen sich Leute ein, die nicht genügend zu essen haben. Immer wieder werden Wege gefunden, wie ihnen zu helfen ist. Aber reicht das?

 

„Aller Augen warten auf dich, denn du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit“ (Psalm 145,15). Es ist genug für alle da – jedoch soziale Ungerechtigkeiten und Klimaungerechtigkeit sind menschengemacht. Wenn es so weiter geht, werden die Verteilungskämpfe zunehmen.

 

„Aller Augen warten auf dich“ – Menschen haben die Probleme bewirkt. Wie kommen wir da raus? Es gibt Versuche von Antworten. Aber die Veränderungen sind zu langsam.

 

Möge Gott uns noch mehr die Augen öffnen und möge dadurch unser Herz weit werden. Die menschliche Trägheit hat es bisher nicht geschafft. Daher ist Gott unsere Hoffnung, die zur Einsicht, Veränderung und klugem Handeln führen kann.

 

Unsere Bahnhofsmissionen können solche Orte sein, an denen wir anders miteinander umgehen, an denen sowohl soziale Gerechtigkeit als auch Klimagerechtigkeit gilt. Impulse dafür bekommen wir, wenn wir uns der Sichtweise Gottes auf unser Leben stellen. Daher: „Aller Augen warten auf dich“.


Klaus-Dieter Kottnik

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de