25. OKTOBER 2020

Gedanken zum 20. Sonntag nach Trinitatis

 

Die Elisabethkapelle des Naumburger Doms dient als Raum der Stille und des Gebets. Es befinden sich dort kleine Kerzen, die angezündet werden können, um eines oder mehrerer Menschen im Gebet zu gedenken oder vor Gott sein geheimstes Inneres auszubreiten. Auf jeder dieser Kerzen steht ein kleiner Spruch der Heiligen Elisabeth von Thüringen: „Ich muss die Menschen froh machen“ In dieser Kapelle sind drei wunderschöne Fenster des Künstlers Neo Rauch, die Bilder einer modernen Elisabeth zeigen. Die Grundfarbe der Fenster ist rot, die Farbe der Liebe.  Die Motive der Fenster zeigen Elisabeth bei der Ausgabe von Kleiderspenden, bei der Krankenpflege und bei der Sterbebegleitung.

 

„Ich muss die Menschen froh machen“. Bei diesem Satz musste ich an die Arbeit in unseren Bahnhofsmissionen denken. Manchmal ist es das offene Ohr für die innere Not eines Gastes, manchmal aber auch ganz handfeste materielle Hilfe, die geleistet wird. Und nicht immer fällt das leicht. Zuweilen muss man sich auch einen inneren Ruck geben. Aber die Menschen sollen froher und erleichterter unsere Räume verlassen, weil sie das Gefühl haben: „ich werde ernst genommen, hier will mir jemand Gutes“.

 

Elisabeth hatte ihre ganze Existenz in den Dienst der armen und bedürftigen Menschen gestellt und viel Gutes bewirkt. Dabei hat sie sich selbst in keiner Weise geschont. Es lohnt sich, die Geschichte der Heiligen von der Wartburg bei Eisenach zu lesen. Elisabeth hat ihren Weg gefunden, die Herausforderung des Wochenspruchs für diese Woche anzunehmen und umzusetzen: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ Micha 6,8.

 

Es ist und bleibt eine große Herausforderung für unser Leben, diesen biblischen Anspruch Wirklichkeit werden zu lassen. Und natürlich spüren wir, dass wir oft – trotz besten Willens – hinter diesen Ansprüchen zurückbleiben. Nicht umsonst ist Elisabeth eine Heilige, die als herausragender Mensch gilt. Aber sie hat einen ganz einfachen Leitsatz hinterlassen, der als Richtschnur gelten kann: „Ich muss die Menschen froh machen“: Ich denke dabei an die Begegnung mit einem Gast in der Görlitzer Bahnhofsmission, der zu mir sagte: „Ich gehe hier immer froh weg“.

 

Da reicht eine kleine Kerze mit diesem Spruch schon, um sich immer wieder daran zu erinnern und auch um Mut zu gewinnen, danach zu handeln. Vielleicht ist das eine Hilfe gerade jetzt, wo wir uns wieder mit den neuen Ansprüchen an uns bei steigenden Erkrankungen durch Corona auseinandersetzen müssen?

 

Ihr

Klaus-Dieter Kottnik

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de