06. DEZEMBER 2020

Gedanken zum 02. Advent 2020 am 06. Dezember

„Freut euch, der Erlöser kommt!“ (Lukas 21,28)

Auf was sollen und können wir uns in diesen Tagen des Advent freuen?

 

Die Corona-Pandemie hat die Erwartungen auf ein Zusammenkommen der gesamten Familie deutlich gedämpft. Aber vielleicht finden wir doch Wege, unter Beachtung der Schutzregeln den einen oder anderen Besuch zu empfangen. Oder wir sehen bewusst einem einfachen und auf das Wesentliche konzentrierten Christfest entgegen. Und freuen uns einfach daran, dass wir noch in der Lage sind, den Überfluss zu stoppen, der uns seit September in Form von Weihnachtsdekorationen im Garten- oder Baumarkt und  durch Lebkuchen und Spekulatius gefüllte Regale der Supermärkte begleitet.


„Freut euch, der Erlöser kommt!“ Wirklich?


Neben der Tatsache, dass der weihnachtliche Verkauf bereits drei Monate vor Weihnachten beginnt, ist auch der Advent kaum noch geprägt vom ursprünglich gemeinten Sinn: Advent ist die Zeit, in der wir die Geburt des „Menschensohnes“ erwarten.


Wie bitte?


Der christliche Glaube ist mit der Vorstellung verbunden, dass Gott in unsere Mitte und in unser Leben hineingeboren wird. Er ist herabgestiegen vom Himmel, wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Gott teilt also mit uns Freud und Leid – auch und gerade in diesen Zeiten. Er ist bei uns und mit uns.

 
Wir dürfen uns durchaus auf die erwarteten und auf die unerwarteten Geschenke oder auf den Duft des weihnachtlichen Gebäcks freuen. Aber das sollte nicht alles sein. Wir sollten uns darüber freuen, dass wir mit der Geburt dieses Jesus von Nazareth auch selbst die Chance haben, unsere Orientierungen neu zu festigen. In Krisen- und Umbruchzeiten, und in solchen befinden wir uns aktuell, kommt es auf verantwortliche Orientierungen an: auf die Sorge um das gemeinsame Haus der Menschheit durch eine aktive Umweltpolitik, auf die Zuwendung zum Nächsten und zu den Fernen, für die unsere Hilfe Geschenk genug ist, auf die Förderung des Dialogs, um Kriege zu vermeiden, auf die eigene Inpflichtnahme, dass wir nicht auf Kosten anderer leben und damit Solidarität zeigen.


Dies sind große Worte und hohe Ansprüche. Ich bin mir dessen bewusst. Aber nehmen wir uns doch vor, Weihnachten als neuen Anfang zu sehen, uns an wichtigen Grundwerten auszurichten, nicht an wirren Verschwörungstheorien, nicht an verdrehten Sachverhalten, nicht an dummen oder niederträchtigen Sprüchen. Nutzen wir diese Tage des Advents zum Nachdenken und freuen wir uns auf einen neuen Anfang.
 

Prof. i.R. Dr. Bruno W. Nikles
Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Bahnhofsmissionen

 

Prof. i.R. Dr. Bruno W. Nikles
Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Bahnhofsmissionen