13. DEZEMBER 2020

Gedanken zum 3. Advent 2020 am 13. Dezember

Bereitet dem Herrn den Weg, denn siehe, der Herr kommt gewaltig (Jesaja 40, 3,10)

 

In der Schlange, die sich in diesen kalten Dezembertagen morgens vor der Bahnhofsmission am Berliner Ostbahnhof bildet, werden viele Sprachen gesprochen. Menschen fern der Heimat versammeln sich hier, um das Notwendigste zu erhalten: eine Tasse Tee oder Kaffee mit viel Zucker, ein belegtes Brötchen, ein Teilchen Hefegebäck und immer wieder die obligatorische Schutzmaske.

 

Die diensthabende Kollegin aus der Bahnhofsmission ist traurig, dass sie im Moment kaum mehr tun kann, als Proviant ausgeben an der Tür. Da sein für die Gäste, ihnen ein offenes Ohr schenken, Trost  und Mut zusprechen, das ist es, was sie vermisst und das ist es auch, was die Gäste vermissen. Später entsteht einen Moment lang ein Zwiegespräch durch die offene Tür mit einem altbekannten Gast, der seinem Unmut über ein Erlebnis Luft macht und Verständnis erfährt, aber auch freundlich-mahnende Worte, sich versöhnlich zu zeigen.

 

Mir als stillem Zeugen der Szene wird deutlich, dass die Gäste in den Bahnhofsmissionen weit mehr finden, als nur eine billige Verpflegungsstation und Schutz vor der Witterung. Dann aber stellt sich wieder die Routine ein, die aus einer knappen Begrüßung, der Frage nach dem Gewünschten und einem oft nur genickten Dank besteht. Es kommen auch wieder andere Zeiten.

 

Beim Weggehen nehme ich ein paar Sprachfetzen aus der Gruppe von Männern auf, die mit dem gerade geholten Kaffee in einer Gruppe beieinander stehen. Ich vermute, es ist polnisch, verstehen kann ich sie nicht. Es geht laut zu und die erste Flasche kreist. An diese Männer muss ich denken, als ich den Wochenspruch zum dritten Advent aus Jesaja 40 lese.

 

Wie mag es sein, in der Fremde zu leben, ohne Hoffnung auf Rückkehr und ein erfülltes Leben in der Heimat? Die Israeliten befinden sich zu Zeiten Jesajas im Exil in Babylon. Es ist überliefert, dass viele sich an die neue Situation gewöhnt hatten. Aber auch unter ihnen werden einige gewesen sein, die am Verlust der Heimat verzweifelt sind. Manche hatten vielleicht nie eine und ein Gefühl von Zugehörigkeit war ihnen fremd. Ihnen allen, uns allen wird mit den mächtigen Worten des Propheten die Ankunft des Herrn angekündigt. Eine Ankunft, die Freiheit bringt und Frieden und Trost und die Heimkehr nach Jerusalem.

 

Ich wünsche Ihnen, dass Gott auch Ihnen in diesen Tagen Trost und Frieden schenkt und Sie sich freuen können auf die bevorstehende Geburt Christi. Trotz alledem oder jetzt erst recht!

Herzlich Ihr

 

Christian Bakemeier

 

 

Christian Bakemeier
Evangelische Geschäftsführung