20. DEZEMBER 2020

Gedanken zum 4. Advent 2020 am 20. Dezember

"Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!" | Phil 4,4.5b


Ich habe den Satz unserer Kanzlerin von Ende Oktober noch in den Ohren: „Damit wir Weihnachten in den Familien „richtig“ feiern können…“ und nun? Die Zahlen sprechen eine sehr eindeutige Sprache: um unserer Leben willen, gibt es schon vor Weihnachten und lange darüber hinaus einen harten Lockdown. Wieder steht neben der Wirtschaft das gesellschaftliche Leben – unser Miteinander – still!


An vielen Orten sind ebenfalls die schon seit langen Jahren traditionellen Advents- und Weihnachtsfeierlichkeiten der Bahnhofsmission abgesagt. Eine alternative Feier ist an eigentlich allen Orten unter den notwendigen Bedingungen nicht möglich. Zudem sorgt der harte Lockdown insbesondere in kleineren Städten in den Bahnhofsmissionen eventuell für eine (erneute) Schließung des Betriebes. Auf alle Fälle tritt – ausgelöst durch die explodierenden Infektionszahlen – große Verunsicherung auch unter den Mitarbeitenden ein. Ein „anderes Weihnachten“ macht in unserem Sprachgebrauch gerade die Runde.


Ob die Kanzlerin den Begriff „richtig“ nun wirklich gebraucht hat, kann ich nicht mehr nachvollziehen – mir ist es so jedenfalls im Kopf geblieben. Was aber ist „richtig“ im Zusammenhang mit Weihnachten?


„Freut Euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freut euch! Der Herr ist nahe!“


Der Wochenspruch für die Woche zum 4. Advent gibt uns einen Hinweis darauf: „Freut Euch in dem Herrn allewege,…“ Den von Luther übersetzten Begriff „Allewege“ – würde man heute übersetzen mit „immer und überall“. Immer und überall sich freuen – in Coronazeiten, im harten Lockdown, mit social distancing, in diesem „anderen Weihnachten“, ohne meine, unsere geliebten Traditionen? Quatsch! Das geht nicht! Überfordert mich! Macht mich schon seit Wochen, vielleicht seit Monaten mürbe!


Aber… - nochmal! Ich werfe einen zweiten Blick auf den Text und denke nochmal nach… vielleicht doch „Freude“? Trotzdem Freude? Vielleicht doch Freude als eine Art Trotz? JA! Ja genau, so kann ich es verstehen und für mich gut hören: Die Umstände haben nicht das letzte Wort, sondern Gott! TROTZ der Umstände kommt Weihnachten! Trotz des Lockdowns und der vielen Einschränkungen wird es auch in diesem Jahr Weihnachten – RICHTIG Weihnachten! Trotz aller Unwägbarkeiten: „Der Herr ist nahe!“ Denn Gott sendet auch in diesem Jahr durch die Geburt Jesu das göttliche JA zu uns Menschen. Wir müssen uns „nur“ darauf einlassen – nicht im Sinne von permanenter Freudenhysterie, nicht im Sinne von „himmelhoch jauchzend“. Sondern eben kleiner – „einfach“ froh darüber zu sein, dass wir im kleinen Kreise zu viert oder fünft zusammen sein können. Auch wenn nicht für alle Geschenke da sind, können wir miteinander in unseren Häusern reden und spielen und fröhlich sein. Auch wenn wir keine Feiern in den Bahnhofsmissionen am Heiligenabend durchführen, können wir unseren Gästen und den wenigen Reisenden überall ein gutes Wort oder vielleicht sogar eine kleine Gabe mitgeben. Anders eben, aber nicht weniger „richtig“.


In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine richtig frohmachende und gesegnete 4. Adventswoche,
herzlich Ihre
Doris Vogel-Grunwald

 

 

Diakonin Doris Vogel-Grunwald ist Leiterin der Bahnhofsmission in Oldenburg.

Diakonisches Werk der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg;
Landesverband Oldenburg