WEIHNACHTEN 2020

Gedanken zu Weihnachten 2020

Als Schüler dachte ich manchmal: “Was können Worte schon bewirken?“ wenn ein Lehrer vergeblich versuchte, Ordnung in die Klasse zu bekommen. Aber dann kam ein Lehrer, der seine Worte mit Nachdruck so vortrug, dass ihnen sofort Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde. Und natürlich wusste ich als junger Mensch auch das: nicht nur allein zuzuhören ist wichtig, sondern Worte erst können richtig trösten. Worte können der Seele guttun, wenn sie vermitteln, dass ich geliebt und geachtet werde, Worte können verletzen, wenn sie mich an einer Stelle treffen, an der ich empfindlich bin, Worte können auch zerstörerisch sein, ja, aus Worten können Taten folgen. Das vergangene Jahr hat uns genügend schlimme Beispiele dafür gezeigt.


Worte können Macht ausüben, zumindest Wirkung zeigen. Auch an Weihnachten geht es um das Wort. Über dem Weihnachtsfest steht die biblische Botschaft: “Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit“ (Johannes 1,14a). Gottes Wort wurde zu einer menschlichen Existenz, war nicht nur hörbar, sondern auch spürbar, erfahrbar, sichtbar. Es ist ein Wort, das Menschen aus Ländern aller Himmelsrichtungen berührt, es ist ein Wort, das bis in das Innerste von Menschen eindringt und ihr Leben bestimmt, es ist ein Wort, das die Seele so ausfüllt, dass sie ganz davon eingenommen ist. Und es ist ein gutes, völlig lebenszugewandtes Wort, das im Widerspruch zu jedem zerstörerischen und für sich Macht beanspruchenden Wort steht. Manchmal ist es auch ein leises Wort, das aber gerade dadurch Wirkung entfaltet.


Wer sich mit dem Leben Jesu beschäftigt, dessen weltverändernde Geburt wir an jedem Weihnachtsfest feiern, kann Entdeckungen machen, die für das eigene Leben bedeutsam sind. Mit welchen Augen hat er andere Menschen gesehen? Welchen Blick hatte er für die innersten Probleme von Menschen? Mit welcher Klarheit hat er seine Haltungen in Worte gekleidet und vorgelebt? Welche unumstößliche Zugewandtheit wird in seiner Existenz gegenwärtig? Welche Leidensfähigkeit lebt er vor und zeigt damit auch die Überwindung von Leid? In allem wird Gottes Wort existentielle Wirklichkeit, die für unser eigenes Leben gilt.


Wenn wir uns diesem fleischgewordenen Wort Gottes stellen, uns von der Existenz dieses Menschen Jesus anstecken lassen und den Spuren seines Lebens folgen, dann erfahren wir etwas von dem, was die Fülle des Lebens bedeutet. Das wäre das Schönste, was die Worte der Weihnacht bewirken können.


Viele Menschen suchen nach dem, was ihr Innerstes ausfüllt. Manche werden anfällig für krude Theorien, die Versprechungen machen, die nicht guttun, wieder andere öffnen sich für die zerstörerische Seite des Lebens, indem sie auf entsprechende Worte hören.


Das fleischgewordene Wort Gottes, Jesus Christus, füllt das Leben erst richtig aus, ja, es lässt dieses zu einem sinnvollen, weil liebenswürdigen und liebenswerten Leben werden, das Liebe geben kann. Deshalb ist Weihnachten ein so umfassend wichtiges Fest, das eine vitale Wirkung enthält, die Liebe, die Liebe zu sich selbst und die Liebe zu anderen. Und dies nur mit einem einzigen guten Wort: Christus. Daher von Herzen: Frohe Weihnachten!
 

Pfarrer Klaus-Dieter Kottnik

 

 

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de