17. JANUAR 2021

Gedanken zum 2. Sonntag nach Epiphanias, 17. Januar 2021

"Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.“ (Johannes 1,17)

 

Gnade vor Gesetz


Ein Gesetz ist eine Festlegung von Regeln.
Mose, der Anführer der Israeliten hat Gesetzestafeln mit den 10 Geboten von Gott übergeben bekommen. Darin ist von Gott geboten, was für ein friedliches und nachhaltiges Zusammenleben der Menschen notwendig ist. Mose musste diese Tafeln zerschlagen, weil die  Menschen an diesen Geboten kein Interesse hatten und ihr Zusammenleben irgendwie – auf jeden Fall ohne diesen Gott – organisieren wollten.


In der Bibel ist ganz am Anfang die Entstehung der Welt als ein Werk Gottes beschrieben und es gibt dort sogar eine zeitliche Einteilung, was wann gemacht wurde. Am siebten Tag war ein Ruhetag, selbst für Gott. Auch hier ist eine große Interessenlosigkeit bei uns Menschen zu erkennen. Wer will denn am Sonntag wirklich ruhen?


Selbst wenn wir Gott weg lassen, gibt es Naturgesetze. Danach sorgt die Neigung der Erdachse für die Jahreszeiten, die Drehung unseres Planeten für Tag und Nacht und der Mond hat auch regelmäßige Wirkungen, die wir am deutlichsten an den Meeresküsten feststellen können.


Und auch hier versuchen wir Menschen, diese Regeln neu zu definieren. Die Jahreszeiten sind durch Fernflüge jederzeit veränderbar. Elektrische Beleuchtung macht die Nacht zum Tage und an den Küsten gibt es künstlich vertiefte Flüsse gegen die Ebbe und starke Bollwerke gegen die Flut.


All das hat leider nicht dazu geführt, dass uns ein friedliches und nachhaltiges Zusammenleben geschenkt ist. Und nun kommt da noch so ein Virus, so ein klitzekleines Lebewesen, ob nun von der Fledermaus oder aus dem Labor und all die menschlichen Errungenschaften sind innerhalb kürzester Zeit dahin. Keine Fernflüge mehr, in manchen Regionen nächtliche Ausgangssperren und die riesigen Kreuzfahrtschiffe liegen still.


Selbst wenn Gott die (Natur) – Gesetze gegeben hat, ist damit nicht ein friedliches und nachhaltiges Zusammenleben der Menschen gegeben. Deshalb glauben die Christen daran, dass Gott hier „nachreguliert“ hat, er hat seinen Sohn geschickt, den Christus, nach dem sich die Christen nennen.


Und mit diesem Christus kam Gnade und Wahrheit. Gnade kommt nach Christus vor Recht und wenn auf eine Gottesbeziehung verzichtet werden muss, ist das Wort „Menschenwürde“  ein guter Begriff für Gnade. In unseren Bahnhofsmissionen geht diese Gnade / Menschenwürde vor dem Gesetz und deshalb waren die Bahnhofsmissionen in den Diktaturen auch verboten. Und Wahrheit ist oft unangenehm. In den Zeiten der großen Fluchtbewegungen waren und sind die Bahnhofsmissionen oft angegriffen worden, weil sie die Wahrheit über das Elend der Flüchtenden laut gesagt haben, so wie es im Leitbild der Bahnhofsmission auch gefordert wird. Bahnhofsmission war und ist ein christliches Werk, ein Werk der Gnade und der Wahrheit. Christus sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Dieser Satz ist für die Mächtigen unangenehm und für die Erniedrigten Hoffnung und Erleichterung. Genau so will Bahnhofsmission ganz praktisch sein.   

 

Constantin Schnee

 

Constantin Schnee

Leiter Ökumenische Bahnhofsmission Halberstadt