„Du bist die Zuversicht aller auf Erden und fern am Meer.“ Psalm 65,6
Was bitte soll uns just am Aschermittwoch zuversichtlich stimmen? In Wirklichkeit macht sich am Ende des Karnevals doch eher eine gewisse Katerstimmung breit: Die Feiern, das Über-die-Stränge-Schlagen der „fünften Jahreszeit“ als Ausnahmezustand sind vorbei. Jetzt gelten wieder die normalen Regeln und jede/r spielt nur noch sich selbst und kann nicht mehr so einfach in andere Rollen schlüpfen.
In diesem Jahr ist ja sogar der Karneval ausgefallen. Wäre es da nicht konsequent, seinen Gegenpol, den Aschermittwoch als dem Beginn der österlichen Buß- und Fastenzeit, ebenfalls zu streichen? Wenn wir schon nicht feiern dürfen, dann könnten wir doch wenigstens auch das Büßen bleiben lassen, oder?
Wenn man genau hinsieht, spielen Umkehr, Buße und Erlösung in der Coronazeit eine große Rolle. Die Durchhalteappelle und Mutmacherreden der Politiker*innen sind davon geprägt. Man kann sogar manchmal den Eindruck gewinnen, dass sie uns die „Erlösung“ vom Virus durch Bußübungen im Sinne von Verzicht predigen und uns zur „Umkehr“ im Sinne der Befolgung der AHA-Regeln bekehren wollen. Und wenn die Impfkampagne dann erst mal so richtig anläuft - so die Hoffnung - wird sie uns endlich das lang erwartete und schwer erkämpfte Heil bringen.
Geht es Ihnen auch so, dass trotz intensiver Beschäftigung mit Zahlen, Prognosen und den Statements von Virologen und Epidemologen die Zweifel und die Ungewissheit nicht vergehen wollen? Was, wenn es doch keinen schnellen Ausweg aus der Pandemie gibt? Wenn unsere Zeitpläne erneut verworfen werden? Wenn wir unser altes Leben nicht zurückbekommen …?
Der Ausgang bleibt ungewiss. Das gilt für die Pandemie. Das gilt für unser ganzes Leben. Wir machen Pläne, verfolgen Strategien. Wir hoffen, dass wir das erreichen, was wir uns vorgenommen haben und vor dem behütet bleiben, was wir fürchten. Allerdings sagt uns die Erfahrung, dass es auch anders kommen kann: Dass unseren Mühen der Erfolg versagt bleiben, dass uns ein Unglück treffen kann. Zuversicht, die sich ausschließlich darauf bezieht, dass alles so bleibt wie es ist oder dass es so kommt wie wir es erhoffen, kann leicht in sich zusammenbrechen.
So lange wir es haben gibt nichts Riskanteres als das Leben. Das ist nicht erst in der Pandemie so. Und doch brauchen Zuversicht und Hoffnung. Gerade jetzt, wo wir in einer nicht enden wollenden Coronaschleife gefangen scheinen und der Winterhimmel unsere Stimmung zusätzlich drückt. Da trifft es sich gut, dass auch der Losungstext für den Aschermittwoch in diesem Jahr von Zuversicht spricht.
Der Psalmist unserer Tageslosung spricht von der „Zuversicht aller auf Erden und fern am Meer“. Damit kann nicht gemeint sein, dass alle Menschen in nah und fern vom Schicksal begünstigt werden. Was da zum Ausdruck kommt ist das Vertrauen, dass wir auch dann noch zuversichtlich sein können, wenn nichts gut zu sein scheint. Diesen Grund der Zuversicht spricht der Psalmist mit Du an. Er vertraut darauf, dass dieses Du es ganz persönlich gut mit uns meint. Ja nicht nur mit uns, sondern mit allen Menschen, egal wo sie wohnen oder an wen sie glauben. Buße tun, heißt sich darauf besinnen: Auf das Wesentliche, das uns trägt. Darauf will uns der Aschermittwoch einstimmen, indem er uns nach Ostern ausrichtet: Auf den Karfreitag, auf den die Auferstehung folgt.
Dr. Gisela Sauter-Ackermann
Bundesgeschäftsführung Bahnhofsmission
Gisela Sauter-Ackermann
Bundesgeschäftsführung Bahnhofsmission