27. JUNI 2021

Gedanken zum 4. Sonntag nach Trinitatis

Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Galater 6,2)

 

So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Lasten. Und natürlich gibt es auch „Lasten“, an denen ich mich „verheben“ kann – die zu schwer für mich sind und die ich nicht tragen kann.

Die Last des anderen mittragen, das meint noch mehr als die Unterstützung eines Hilfesuchenden. Sondern auch: Den anderen er-tragen, ihn anzunehmen mit seinen Schwächen und Fehlern.

 

Indem Paulus den zitierten Bibelvers an Christen an die Galater schreibt, macht er ihnen ihre Verantwortung für andere bewusst. Keiner ist lediglich für sich alleine da. Gott hat uns Menschen an die Seite gestellt.

Menschen sind da, die unsere Zuwendung nötig haben. Darum heißt es, die Augen für Frauen und Männer zu öffnen, die unsere Nähe und Hilfe brauchen. Wo jemand nicht restlos von sich und seinen eigenen Bedürfnissen in Beschlag genommen wird, da sind Räume offen und Kräfte freigesetzt, damit Lasten anderer erleichtert werden.

 

Gut, wenn Menschen da sind die diese Lasten mittragen.

Gott will es, dass wir unsere Möglichkeiten über den eigenen Lebensbereich hinaus für unsere Nächsten einsetzen.

 

Ich weiß nicht, an welche Lasten der Apostel Paulus damals gedacht hat, als er den Brief schrieb. Und bestimmt gibt es in unserer Zeit viele Lasten, die er damals noch gar nicht kannte.

Doch seine Aufforderung ist heute ebenso wichtig. Und ich muss auch kein „Kraftsportler“ sein, um Lasten tragen zu können.

 

Gibt es nicht auch die andere Erfahrung, wie an einem Tiefpunkt unseres Lebens oder großer Verzweiflung ein Mensch zur Stelle war der mich anhörte und uns hilfreich unterstützte? Konnten wir nicht auch die Erfahrung machen, dass die Last auf unseren Schultern leichter wurde und wir wieder Hoffnung und Mut fassten?

 

Ich habe es in meinem Dienst als Leiterin in der Bahnhofsmission oft genug erlebt, wie es für andere schon hilfreich und entlastend war, ihnen einfach zuzuhören. Wenn jemand vor mir aussprechen konnte, was ihn bedrückte und als schwere Last empfunden wurde – z.B. Existenzängste, Angst um den Arbeitsplatz…

 

Ingeborg Götz

Bahnhofsmission Schweinfurt

Ingeborg Götz

Leiterin der Bahnhofsmission Schweinfurt