01. AUGUST 2021

Gedanken zum 9. Sonntag nach Trinitatis

Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern. (Lukas 12, 48)

 

Das ist ein Gedanke, den so manche Bahnhofsmissionsleitung als Glaubenssatz verinnerlicht hat. Dazu passt: Man wächst an seinen Aufgaben! Das schaffst du schon! Wir sind für alle offen! Uns wird viel anvertraut: die Not der Gäste, die Koordination der Ehrenamtlichen, die strategische Ausrichtung der Arbeit. Man sucht viel bei uns und wir versuchen mit aller Kraft, die Erwartungen (insbesondere unsere eigenen) zu erfüllen und schaffen das auch meistens. Uns wird immer wieder Kraft und Vertrauen geschenkt und von allen Seiten gegeben. 

 

Da gab es in der Corona-Zeit Bahnhofsmissionen, die die Ernährung der gesamten Armen in ihrer Stadt kurzerhand sicherstellten. Andere übernehmen immer noch einen großen Teil der Kommunikationsaufgaben der geschlossenen Ausländerbehörden und sonstigen Ämter, die immer noch für Publikum geschlossen sind. Diese zögern trotzdem keinesfalls, enge Fristen für existenzielle Dinge zu setzen. Einer jungen Frau aus dem Irak z. B. ist es bis heute nicht gelungen ihr am 24.12. 2020 geborenes Kind anzumelden. Das Einwohnermeldeamt ermöglicht Terminvereinbarungen nur über das Internet von 6.30 Uhr an, diese sind innerhalb von Minuten vergeben. Sie hat kein Internet und kann nicht damit umgehen. Das Kind hat keine Krankenversicherung und bekommt keine Vorsorgeuntersuchungen.  

 

Da wird uns so einiges anvertraut und wir sehen uns gefordert es zu bewältigen. Schön, wenn es so geht, dass wir daran wachsen können. Wichtig wird dann, dass wir selber das Vertrauen haben, zu fordern. Wir leben in einer privilegierten Gesellschaft, die gut ausgestattet ist. Wir nehmen in unserer Arbeit die Punkte wahr, an denen Menschen durch die Sicherheitsnetze fallen. Diese brauchen unser Fordern und Aufmerksam machen. Es ändert sich nichts, wenn die Probleme bei uns bleiben.     

Barbara Kempnich

Bahnhofsmission Düsseldorf