12. SEPTEMBER 2021

Gedanken zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)

 

Die NATO hat nach 20 Jahren ihre Soldaten aus Afghanistan abgezogen  und die radikalislamischen Taliban haben innerhalb weniger Wochen die Macht übernommen. Tausende Afghaninnen und Afghanen, die sich unter dem Schutz der NATO für Demokratie, Gleichheit und Menschenrechte in Afghanistan eingesetzt haben, sind mit ihren Familien zurückgeblieben und fürchten um ihr Leben. Längst nicht alle konnten mit den eilig organisierten Luftbrücken ausgeflogen werden. Die Bilder der die Flugzeuge umdrängenden Menschenmassen auf dem Kabuler Flughafen gehen uns nicht so leicht aus dem Kopf.

 

Wir stehen erschüttert vor dieser Entwicklung, sorgen uns um die bedrohten Menschen und verstehen nur schwer, wie es zu soviel Sorglosigkeit bei den politisch Verantwortlichen kommen konnte. Schnell, zu schnell angesichts der dramatischen Lage der Afghan*innen, sind auch schon wieder besorgte Stimmen zu hören, die vor einer neuen Flüchtlingswelle warnen, einem neuen 2015, das sich nicht wiederholen soll. Vielleicht gehört das dazu in Wahlkampfzeiten und ich wünsche mir, das die große Mehrheit in unserem Land auch in Zukunft bereit ist,  die Herzen und Türen offen halten zu für Menschen, die von Verfolgung bedroht sind – so wie es die Bahnhofsmissionen tun.

 

Die Zeiten sind unruhig und es hat den Anschein, als sei das Sorgenniveau der Menschen massiv gestiegen. Kaum zwei Jahre sind vergangen, seitdem das soziökonomische Panel den Deutschen eine durchschnittliche Lebenszufriedenheit attestiert hat, die seit der Wende noch nie so hoch war. Das fühlt sich heute anders an; besonders  die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Klimawandels lassen uns um unser gewohntes Leben fürchten.  

 

Wir Menschen hadern und sorgen uns um unsere Zukunft und die unserer Kinder, um unsere  Gesundheit und um unsere Freiheit. Wir suchen nach Gründen für unsere Sorgen und oft genug auch nach Schuldigen. Dann streiten wir und auch Gott nimmt uns nicht die Verantwortung ab, in unserem Leben Position zu beziehen und Entscheidungen zu treffen. Aber seine Gebote helfen uns zu unterscheiden was richtig und falsch ist, er lädt uns ein, unsere Sorgen vor ihn zu bringen und Fürbitte für andere zu halten. Er trägt uns, oft genug, ohne dass wir es bemerken. Darauf können wir vertrauen.

 

Margaret Fishback Powers beschreibt dies auf wunderschöne Weise in ihrem Gedicht „Footprints in the Sand“ (Spuren im Sand), dessen Lektüre ich Ihnen gerne ans Herz lege.

 

Herzlich Ihr

Christian Bakemeier

Christian Bakemeier

Evangelische Geschäftsführung

Bahnhofsmission Deutschland e.V.

 

Spuren im Sand

 

Eines Nachts hatte ich einen Traum:Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn. Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten, Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.

 

Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand, meine eigene und die meines Herrn. Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen war, blickte ich zurück.

 

Ich erschrak, als ich entdeckte, daß an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur zu sehen war.

Und das waren gerade die schwersten Zeiten meines Lebens.

 

Besorgt fragte ich den Herrn:

"Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein. Aber jetzt entdecke ich, daß in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist. Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am meisten brauchte?"

 

Da antwortete er:

"Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten. Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen."

 

Margaret Fishback Powers
(* 00.00.1944, † unbek.)