29. SEPTEMBER 2021

Gedanken zum Michaelistag

Der Engel des HERRN lagert sich um die her, die ihn fürchten. (Psalm 34,8)

 

Ein schönes Bild, wie ein einziger Engel sich um eine Gruppe Menschen lagert, sie praktisch umgibt mit seinen Flügeln und sie schützt. Wie sieht er aus, dieser Engel? Ist er in Wirklichkeit eine Frau, so wie der Engel vor der Bahnhofsmission in Karlsruhe, nackt und mit Bahnhofsmissions-Kappe?

 

Ist der Schutz des Engels eine große leuchtende Aura, in die nichts Schlechtes eindringen kann? Oder schickt er uns einen Bundespolizisten, wenn wir bedroht werden? Rufen wir selber den Engel herbei, wenn wir versuchen, uns in Liebe zu ertragen?

 

Die Bedingung für den Schutz dieses Engels scheint die Gottesfurcht zu sein. Furcht vor Gott, da fallen mir Geschichten von der Hölle ein oder der Satz „Der liebe Gott sieht alles“,  Dinge, die von Tilmann Moser sehr treffend als „Gottesvergiftung“ bezeichnet werden; ein Gott, der uns und unsere Handlungen und Gedanken immer und überall beobachtet und hart sanktioniert, wenn wir aus der Reihe tanzen. Ein Gott, den ich glücklicherweise nie so vermittelt bekommen habe. Mein Gott war immer ein Liebender, ein Verzeihender.

Für mich kann Gottesfurcht deshalb nichts mit Angst vor Gott als strafendem Vater zu tun haben, sondern mit Hochachtung vor der Größe und Autorität Gottes. Also mit Ehr-Furcht. Damit verbunden ist der Wunsch, vor Gott sein Leben so zu führen, dass es seine Zustimmung findet.

 

In der Herder-Übersetzung werden Menschen, die so leben, als „Fromme“ bezeichnet.

 

Einen Wall richtet auf der Engel Jahwes; die Frommen umgibt er, sie zu retten.

 

Dass Frömmigkeit aber ursprünglich mehr bedeutete als ein religiöses Gefühl, „eine innere, durch Vertrauen und Gebete gekennzeichnete Haltung des Menschen vor Gott“, zeigt ein Blick auf den Ursprung des Wortes.

 

Im Spätalthochdeutschen frumicheit-Frömmigkeit bedeutet dies Tüchtigkeit, Tapferkeit, gleichbedeutend mit »tauglich«, »rechtschaffen« oder »nützlich sein«.

 

Das gefällt mir und natürlich fallen mir da viele Mitarbeitende in unserer Organisation ein, die gerade in herausfordernden Zeiten immer wieder ihre Tüchtigkeit und Tauglichkeit bewiesen haben.

 

Für mich gehört die religiöse Grundhaltung und die Tapferkeit, Tüchtigkeit und Tauglichkeit, die aus der Gewissheit wächst, dass Gott uns in unserem Tun begleitet, zusammen. Gott gibt uns die Kraft mit ihm Mauern zu überspringen (Psalm 18)

 

In diesem Bewusstsein können wir sicher sein, dass der Engel Gottes uns in unserem Tun begleiten und umlagern wird.

Karin Stürznickel-Holst

Fachbereichsleitung Allgemeine Soziale Dienste

Caritasverband Nordhessen-Kassel e.V.