03. OKTOBER 2021

Gedanken zum Erntedankfest

Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. (Ps. 145, 15)

 

Was koche ich in den nächsten Tagen, ist die Frage, die mich vor mein Bücherregal treibt. Da stehen tolle Kochbücher mit Rezepten aus aller Herren Länder. Teilweise sind es richtig wunderbare Bildbände, die nicht nur zum Kochen der vorgeschlagenen Gerichte einladen, sondern vielmehr zu Reisen in ferne Länder. Orientalische Küche mit besonders aromatischen Gewürzen zudem Kochbücher eines bekannten Kochs, eins mit koscheren Rezepten aus der jüdischen Küche und … dazwischen, ziemlich abgegrabbelt vom täglichen Gebrauch eines, das ich von meiner Großmutter geerbt habe. Es ist aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts und beinhaltet unter anderem auch zahlreiche Rezepte, die heute niemand mehr so kochen würde, weil es heute „einfach“ eine wesentlich größere Auswahl an Lebensmitteln gibt und weil wir auch ein anderes Verständnis von Ernährung haben.

 

Deftige Hausmannskost ist darin zu finden und auch Rezepte für schmackhafte Gerichte aus den Resten der letzten ein bis zwei Tage. Und vor jedem Kapitel findet sich ein Tischgebet.

 

Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. (Ps. 145, 15)

 

Auch der Wochenspruch für die Woche zum Erntedankfest ist als Tischgebet in diesem Kochbuch zu finden.

 

Ist es nicht eigentlich eine gute Art, das was wir auf dem Tisch stehen haben, wertzuschätzen und uns gleichzeitig daran zu erinnern, wem wir unser „täglich Brot“ in letzter Konsequenz verdanken?

 

In diesem Jahr haben wir in Deutschland – mitten im Sommer – erlebt, wie schnell – quasi von jetzt auf gleich – eine Ernte zerstört sein kann. Wie viele Weinbauern und Winzerinnen haben an Mosel und Ahr durch die Flut ihre komplette Weinernte verloren? Wie viele Menschen haben Haus und Hof – ihre kompletten Existenzen – verloren? Viele stehen mit nichts da!

 

Wie viele Menschen haben seit und durch die Pandemie kein geregeltes Einkommen mehr und hatten oder haben dadurch große Existenznot. Konnten sich teilweise eben keine oder nicht genügend „täglich Brot“ leisten?

 

Da haben z.B. die Bahnhofsmissionen an einigen Orten in Deutschland während der Lockdowns Lebensmittel-Tüten verteilt oder die Verteilung organisiert. Nach der Flut hat es eine unglaubliche Solidarität mit den Geschädigten gegeben, die sich in monetären Spenden aber gleichsam in tatkräftiger Unterstützung vor Ort gezeigt hat und auch teilweise weiterhin zeigt.

 

Vieles, insbesondere Lebensmittel – also unser täglich Brot – galt bisher – zumindest seit ich auf der Welt bin – als selbstverständlich und in der Regel immer verfügbar. Da wurden wir und werden es vielleicht in Zukunft immer wieder, durch ganz unterschiedliche Ereignisse, wie z.B. die Pandemie oder den Klimawandel, daran erinnert – ja fast mit der Nase darauf gestoßen – dass eben nichts selbstverständlich ist.

 

Ist es da nicht ein gutes – wenn auch altes – Ritual sich dessen immer (mal) wieder bewusst zu werden - nicht nur einmal im Jahr zu Erntedank, sondern vielleicht wirklich täglich am Mittagstisch und zu danken für das, was wir haben?

 

Entweder mit dem Vers aus dem Psalm der Woche oder mit dem einen oder anderem Tischgebet vielleicht sogar aus Kindertagen. Ich lade Sie herzlich dazu ein, es einfach mal wieder zu probieren!

 

Herzlichst

Doris Vogel-Grunwald

Diakonin Doris Vogel-Grunwald

Leiterin der Bahnhofsmission in Oldenburg,

Diakonisches Werk der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg;
Landesverband Oldenburg

 

 

Tischgebete

 

Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast
und segne, was du uns bescheret hast.
Amen

 

Vater segne diese Speise
uns zur Kraft und dir zu Preise
Amen!

 

Alle guten Gaben,
alles was wir haben
kommt oh Gott von dir –
wir danken dir dafür
Amen

 

Gut zusammen leben,
nehmen, teilen, geben.
Wenn jeder etwas hat,
werden alle satt. Amen