12. JUNI 2022

Gedanken zu Trinitatis

„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2. Kor. 13,13)

 

Ein Satz, den wir alle schon häufig gehört haben. Sagt er uns noch etwas, beginnt etwas in unserem Inneren zu klingen, wenn wir ihn hören, gehen wir in Resonanz?

 

Was bedeutet dieser Satz in unserem Alltag?

 

Ein kleines Beispiel konnte ich letzte Woche in unserer Bahnhofsmission beobachten: Im Rahmen der „Tour de Caritas“, bei der VertreterInnen des Bistums Fulda und des Diözesancaritasverbandes Einrichtungen der Caritas in Kassel besuchten, war unsere Bahnhofsmission die erste Station.

 

Da man eine Einrichtung am eindrücklichsten kennenlernt, wenn man mitarbeitet, hatten wir eine Reihe blauer Bauernschürzen aus Südtirol, extra aus dem Urlaub mitgebracht und wie ich gelernt habe, auch ein Zeichen gegen Faschismus, bereit gelegt. Die Aufgaben wurden verteilt; der Generalvikar gab zusammen mit dem Diözesandirektor des Caritasverbandes Suppe an unsere Gäste aus. Kennt man alles, könnte man sagen. „Wichtige“ Menschen übernehmen kurzzeitig „niedere“ Dienste und lassen sich dabei fotografieren; Bürgermeisterinnen beziehen Betten in Unterkünften für Geflüchtete, Politiker verteilen Masken in Obdachlosenunterkünften, etc.

 

Bei uns konnte man aber erleben, wie plötzlich eine Verbindung zwischen den Menschen entstand, als der Generalvikar als erster Freiwilliger die Schürze überstreifte und zusammen mit dem sonst eher als besonnen und nachdenklich wahrgenommene Caritasdirektor Verantwortung für seine Aufgabe übernahm, ja, dieses simple Suppe ausgeben plötzlich an erster Stelle stand und Vorrang hatte vor Gesprächen mit anderen „wichtigen“ Menschen. Und nicht nur für mich als Christin war in diesem Augenblick deutlich, sie hatten sich ergreifen lassen von dem Geist Gottes, der die Liebe ist und dieser Geist trieb sie an.

 

Foto (von Karin Stürznickel-Holst): links Generalvikar Christof Steinert, rechts Diözesandirektor Dr. Markus Juch, im Hintergrund Finanzvorstand des DiCV Ansgar Erb

 

Von all den Aktionen an diesem Tag, allen Gesprächen über unsere Zukunft, über Finanzen, Verhältnis von (verfasster-) Kirche und Caritas, Proprium etc., war dies für mich der eindrucksvollste Moment, in dem die Liebe Gottes kurz aufleuchtete und es praktisch schon Pfingsten war. Dieses Fest der Freiheit und gleichzeitig des Sieges des Geistes Gottes über die Verzagtheit, über die Angst und die Resignation.

 

Und ich wünsche uns allen, dass wir bei allen Herausforderungen, die uns in unseren Bahnhofsmissionen begegnen, bei allen Bestrebungen, unsere Arbeit zu professionalisieren, die Finanzierung sicher zu stellen, Projekte zu planen, diesen besonderen Pfingstgeist wachhalten.

 

Karin Stürznickel-Holst

Karin Stürznickel-Holst

Fachbereichsleitung Allgemeine Soziale Dienste

Caritasverband Nordhessen-Kassel e.V.