"Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." (Lk 19,10)
Wer kennt sie nicht die Geschichte von dem Zöllner Zachäus, dem ausgestoßenen Sünder, der in seinem Leben viele Menschen betrogen hat, um sich selbst zu bereichern. Er wird dafür von vielen Jüdinnen und Juden der damaligen Zeit verachtet, echte Freund*innen dürfte er kaum gehabt haben. So betrachtet lebt er als relativ reicher Mensch am Rande der Gesellschaft.
Wie alle im damaligen Jerusalem erfährt auch er, dass dieser Jesus, der anscheinend kranke Menschen heilt und vom Beginn des Reiches Gottes erzählt, nach Jericho kommt. Auch er ist neugierig. Er weiß jedoch, dass er - als unerwünschter und als ein ziemlich kleiner Mensch in dieser Gesellschaft – Jesus nicht aus der ersten Reihe sehen kann. Er muss sich eine Strategie überlegen. Also läuft er voraus, steigt auf einen Baum und wartet bis Jesus darunter durchzieht, damit auch er ihn sehen kann.
Jesus kommt tatsächlich an dieser Stelle vorbei, hält an und schaut zu Zachäus, ruft ihn herunter und sagt, er wolle bei ihm Gast sein, bei ihm, dem Sünder. Und Jesus will nicht etwa bei ihm einkehren, um ihm zu sagen, was er alles falsch gemacht hat; nein, er begibt sich ganz auf seine Ebene und lässt sich dabei nicht vom Gerede der Umstehenden beeindrucken. Es scheint, als wäre genau dies Jesu Plan gewesen, in der großen Menschenmenge eben diesen Menschen Zachäus zu suchen und zu finden.
Allein diese zielstrebige und unbeirrte Zugewandtheit erzeugt eine Gegenbewegung: sie schafft eine Kehrtwende bei Zachäus. Diesem ist sofort klar, was er falsch gemacht hat und er hat auch einen klaren Plan wie er es wiedergutmachen will. Und diese Tatsache bezeichnet Jesus als Heil.
Jesus – und durch ihn Gott – sucht den Sünder; er sucht denjenigen, der sich durch sein Verhalten an den Rand der Gesellschaft manövriert hat, und der aus eigenen Kräften es wohl nicht mehr geschafft hätte, in die Mitte der Gesellschaft. Jesus sucht ihn, findet ihn und lädt sich bei ihm ein. Zachärus wiederum ist bereit genau dafür. Er lässt sich ansprechen, ist offen dafür, Jesus als Gast zu empfangen und damit dessen Heilsbotschaft wirken zu lassen.
"Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." Und er wird so lange suchen, bis diese Suche auf eine Bereitschaft fällt, sich berühren zu lassen, damit Heil und Seligkeit werden kann. Welche Gnade für uns Menschen!
Und ich frage mich: Wie ist das mit mir? Bin ich bereit, mich finden zu lassen?
Barbara Denz
Generalsekretärin
IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und
Frauensozialarbeit - Deutschland e.V.