03. OKTOBER 2022

Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit

„Aller Augen warten auf dich und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.“ (Psalm 145,15)

 

In diesem Jahr finden die offiziellen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit mit einem mehrtägigen Bürgerfest bei uns in Erfurt statt. Im ökumenischen Gottesdienst, der am Feiertag selbst aus dem Erfurter Dom im Fernsehen übertragen wird, darf ich als Engagierter der Bahnhofsmission sogar eine Fürbitte für Menschen sprechen, die unterwegs sind oder Einschränkungen haben.

 

Ob denen, die am 3. Oktober 1990 den Einheitsvertrag unterschrieben haben, deutlich war, dass das Gedenken jedes Jahr terminlich ganz nah beim Erntedankfest liegt? „Aller Augen warten auf dich und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.“ (Psalm 145,15). Dank gilt eben nicht nur für das, was wir täglich essen und trinken, sondern für alles, was uns am Leben erhält und zu einem guten Leben beiträgt: auch Freundschaften, Kultur, Reisen, Gesundheitsvorsorge und vieles andere mehr.

 

Wir dürfen tiefe Dankbarkeit empfinden und diese auch zum Ausdruck bringen für so viele Jahre der Einheit, der Freiheit und eines überdurchschnittlichen Wohlstands bei den meisten Menschen in unserem Land.

 

Zurzeit fragen sich viele, wie alles in Zukunft weitergehen wird angesichts der krisenhaften Situationen in Weltpolitik und Wirtschaft, mit Energie, Mobilität, Pandemie, Digitalisierung etc. Es zeigen sich große Konflikte über sinnvolle Wege und Richtungsentscheidungen in unseren Gesellschaften, auch Verteilungskämpfe um Ressourcen. Einheit, das haben wir gelernt, ist nicht Einheitlichkeit, Uniformität oder Gleichmacherei. Wir schätzen es, dass es unterschiedliche Ethnien, Meinungen, Weltanschauungen und Lebensstile gibt. Gleichzeitig ist das auch immer wieder eine große Herausforderung, aufeinander zu hören und gemeinsam um gute Wege und Entscheidungen zu ringen. Und auf möglichst viele zu hören und möglichst viele partizipieren zu lassen. Wenn wir das auch weiterhin versuchen und Überheblichkeit und Egoismus, Ausgrenzung und Gewalt vermeiden, können wir Lösungen für die Probleme finden und vieles gemeinsam durchstehen. Wir dürfen mutig weitergehen. In der Leseordnung der katholischen Kirche für diesen Sonntag heißt es aus dem Timotheusbrief: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2 Tim 1,7).

Hubertus Schönemann

1.Vorsitzender der Bahnhofsmission Erfurt