16. OKTOBER 2022

Gedanken zum 18. Sonntag nach Trinitatis

„Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“

(1. Joh.4,21)

 

Abgelehnt, abgeschoben, abgetrieben, abgewiesen… nicht nur unser Wortschatz ist reich geworden an solchen Negativbegriffen. Steht das nicht im krassen Gegensatz zu der Jahreslosung 2022: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ ? Doch wie können die vielen Abgelehnten diese Wahrheit erfahren, wenn nicht durch die Nächstenliebe der Gemeinde?!

 

Wer kümmert sich, wenn da eine 5 köpfige Familie dringend eine Wohnung braucht, wenn jemand in Depression gerät, weil er über Monate hinweg keine Arbeitserlaubnis bekommt, wenn eine Familie möglichst noch in dieser Nacht von Kiew nach Stuttgart gebracht werden soll? Hat Gott Personalprobleme? Kann es sein, dass zu viele Christen ihren Glauben allzu gerne als ein Wellnessprogramm Gottes verstehen und die Liebe Gottes in sich  aufsaugen wie ein Schwamm, anstatt sie wie ein Rohr zu dem notleidenden Nachbarn weiterzuleiten?

 

 Es geht im Grunde um dreierlei: Gottes Liebe zu uns – unsere Liebe zu Gott – unsere Liebe zum Nächsten. Alle Drei sind miteinander verwandt, reichen sich gegenseitig die Hand und halten uns so in Bewegung.

 

„Wenn die Berührung mit Gott in meinem Leben ganz fehlt, dann kann ich im Anderen immer nur den Anderen sehen, und kann das göttliche Bild in ihm nicht erkennen. Wenn ich aber die Zuwendung zum Nächsten aus meinem Leben ganz weglasse und nur „fromm“ sein will, und so nur meine religiösen Pflichten tun möchte, dann verdorrt auch die Gottesbeziehung. Dann ist sie nur noch korrekt, aber ohne Liebe.“ – So der Papst in seiner Enzyklika „Deus Caritas est“ Nr.14.  Auf evangelischer Seite klingt das so: „Meine Freunde, es tut eines not, dass die Evangelische Kirche in ihrer Gesamtheit anerkenne: Die Arbeit der inneren Mission ist mein! … daß sie ein großes Siegel auf die Summe dieser Arbeit setze: Die Liebe gehört mir wie der Glaube… wie der ganze Christus in dem lebendigen Gottesworte sich offenbart, so muss er auch in den Gottestaten sich predigen. (Johann Hinrich Wichern auf dem Wittenberger Kirchentag 1848)

 

Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin...

Klaus Teschner

Landeskirchenrat

Ehrenvorsitzender des Evangelischen

Verbandes der Bahnhofsmission