11. NOVEMBER 2022

Gedanken zum Martinstag

Was ihr für einen meiner gering geachteten Geschwister getan habt, das habt ihr für mich getan. (Mt 25,40b Die Bibel neue evangelistische Übersetzung)

 

Diese Worte werden Jesus dem Sohn Gottes zugeschrieben. Sie stehen ungefähr in der Mitte eines Kapitels, in dem beschrieben wird, wie er, der Weltrichter urteilen wird. Sozusagen die Endabrechnung, vor der alle Völker, alle Menschen stehen werden. Nun haben alle Völker, ja jeder individuelle Mensch recht unterschiedliche Vorstellungen, ob es einen Gott, seinen Sohn oder ein Weltgericht überhaupt gibt.

 

Aber eines eint alle Völker und alle Menschen in den Völkern. Eines haben wir alle gemeinsam: Wir müssen alle sterben – die Endabrechnung wird also für diese Welt auf jeden Fall fällig.

 

Christen, also Menschen, die an den Christus, den Sohn Gottes glauben, ist ein Leben nach dem Tod versprochen. Ein (ewiges) Leben nach dem Tod auf dieser Welt. Nun gibt es Religionen, in denen versprochen wird, dass sich der Mensch so ein ewiges Leben erkaufen oder erwirtschaften kann. Du musst dieses oder jenes tun, dich so oder so verhalten und zack, dann kommst du in den Himmel…

In einem frommen Buch habe ich folgenden Dialog eines Menschen mit Gott gefunden: Der Mann fragt: „Ich möchte wissen, warum du mich liebst, obwohl ich dir doch eigentlich nichts zu bieten habe?“ Gott antwortet: „Ist es nicht ein befreiendes Gefühl, dass du mir nichts zu bieten hast, jedenfalls nichts, was meinem Sein etwas hinzufügt oder ihm etwas nimmt? Das befreit dich von jedem Druck, in der Beziehung zu mir etwas leisten zu müssen.“

 

Gott ist ewig, er war schon immer da, ist überall und wird immer da sein. Er braucht keine Leistung von uns vergänglichen Menschen. Wir sind frei von dem Druck, etwas für Ihn tun zu müssen. In der Beziehung zwischen diesem ewigen Gott und dem Menschen geht es um Liebe. Und die berechnet nicht, sie ist ebenfalls völlig frei.

 

Ein schönes Bild für diese freie Liebesbeziehung ist für mich die Liebe meiner Frau zu unseren kleinen Enkeltöchtern. Sie näht wunderschöne und individuelle Kleidung für die Kleinen und freut sich dann über das Anprobieren und wenn die Sachen dann auch gern getragen werden. Und manchmal umarmen die Kleinen ihre Oma einfach so und sagen „Oma ich hab dich lieb.“ Beide, Oma und Enkeltöchter tun das nicht aus Berechnung. Sie haben keinen Druck. Sie haben sich einfach lieb!

Wenn unsere Gäste zu uns in die Bahnhofsmissionen kommen, haben sie uns nichts zu bieten. Oft sehen sie nicht gut aus, riechen nicht so fein und haben auch keine guttuenden Gesprächsthemen dabei. Bezahlen, also eine Leistung bringen, können sie auch nicht. Sie sind in dieser Welt „gering geachtet“. Trotzdem versuchen wir, ihnen zu helfen, ihnen etwas Gutes zu tun mit einem Kaffee, einem Zuhören oder einer Fahrkarte…

 

Wir versuchen, sie lieb zu haben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Warum tun wir das?

 

„Was ihr für einen meiner gering geachteten Geschwister getan habt, das habt ihr für mich getan.“ Sagt Jesus der Sohn Gottes in der Bibel. Es geht nicht um Leistung. Es geht um Liebe!

Constantin Schnee
Leiter Ökumenische
Bahnhofsmission Halberstadt