29. JANUAR 2023

Gedanken zum 4. Sonntag nach Epiphanias

Über dir geht auf der Herr,  und seine Herrlichkeit erscheint über dir (Jesaja 60,2b)

 

Wer es schon einmal erlebt hat, angesprochen zu werden oder innerlich berührt zu werden durch eine Situation oder ein Wort, die man sich nicht selber sagen oder machen kann, bekommt ein Gefühl für die Wahrheit dieser alten Bibelworte. Dahinter steckt Erfahrung. Es gibt mannigfaltige Situationen, in denen man das erfahren kann. Ich erinnere mich an das dauerhafte Gebet der Karmeliterschwestern in Bethlehem. Eine Schwester löst die andere ab im Stundentakt, 24 Stunden lang. Als Besucher kann man -hinter einer Glasscheibe stehend – die Andacht miterleben. Teilnehmend an dieser Innigkeit wurde ich selber angerührt und es taten sich mir Perspektiven auf, die ich vorher nicht geahnt hatte. Ich ging erfüllt und ermutigt von dieser Begegnung fort. Gott hat die Fähigkeit, uns ganz unmittelbar und auch unvorhergesehen anzusprechen. Dazu müssen wir uns aber auch manchmal aufmachen, um entsprechende Orte oder Situationen aufzusuchen. Das kann genauso in einer gemeinsamen Besinnung oder bei einem Gottesdienst geschehen. Schließlich kann auch Musik eine ansprechende Wirkung haben wie z.B. das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach.

 

Den Worten des Jesaja geht folgende Beschreibung der Weltsituation voraus: „Denn Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker“. Es ist, als ob Jesaja das zur heutigen Lage unseres Lebens in dieser durcheinandergewirbelten Welt sagen würde. Das ist ja unser Lebensgefühl bei der Betrachtung der Weltlage, aber auch der Situation in unserem Lande. 2023 hat nicht besser begonnen, als 2022 geendet hat. Ja, die Prognosen sind noch finsterer. Wir spüren das auch in der Gemütslage unserer Gäste an den Bahnhofsmissionen.

 

Da ist der Glaube eine Hilfe, den Blick woanders hinzuwerfen, auf den Gott, der uns mit seiner Herrlichkeit, mit seinem Licht erfüllen kann. Er gibt Grund zur Hoffnung auch dort, wo wir sie nicht erkennen. Das kann zu einem völlig unvermuteten Geschenk werden.

 

Daher ist es gut, immer wieder Situationen zu suchen, wo das möglich sein kann, wo wir angesprochen und erfüllt werden können. Die Perspektive ist nicht hoffnungslos. Gegen allen Augenschein zeigt Gott in bestimmten Situationen das, was weit über die gegenwärtige Situation hinausweist. So erleben wir seine Herrlichkeit.

 

Klaus-Dieter Kottnik

 

Klaus-Dieter Kottnik

Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe 

Vorsitzender des Bahnhofsmission Deutschland e.V.

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@bahnhofsmission.de


Vorsitzender Bahnhofsmission Deutschland e.V.