12. FEBRUAR 2023

Gedanken zum 2. Sonntag vor der Passionszeit

Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht. (Hebr 3,15)

 

Kürzlich zu Besuch in Berlin waren wir in einem Gottesdienst in St. Canisius.

Der Pfarrer, ein Jesuit, dessen lebendige Predigten ich bei meinen Besuchen zu schätzen gelernt hatte, sprach über den Satz in der Bergpredigt „Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden“. Mt 5,7 und erzählte anschaulich von seinen Führerscheinprüfungen und der Barmherzigkeit seines Fahrlehrers, der ihm die Fahrerlaubnis trotz überfahrenem Stoppschild überreichte.

 

Und er fragte uns, wann habt ihr in eurem Leben Barmherzigkeit erfahren? Und mir fiel meine Handarbeitslehrerin in der Grundschule ein, die meinen völlig verunglückten Topflappen mit nach Hause nahm, fertig häkelte und mir nur die letzten Maschen auftrug.

 

Auch in unseren Bahnhofsmissionen haben wir oft die Gelegenheit, barmherzig zu sein, Barmherzigkeit gehört praktisch zu unserer christlichen DNA. Euch werden viele Situationen dazu einfallen.

 

Der Satz Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht meint aber mehr. Vielleicht trifft uns seine Stimme, wenn wir meinen, schon alles getan zu haben. Dann kostet uns dies vielleicht Mühe, Anstrengung, Mut. Und es ist dann allemal leichter, sein Herz zu verhärten und sich nicht weiter stören zu lassen.

 

Kürzlich stolperte ich über den Begriff „Happy shit“ und er schlug bei mir voll ein; verband ich damit das Diktat unserer Moderne, glücklich zu sein und alles zu tun, um perfekter, glücklicher, achtsamer, entspannter, erfolgreicher, etc. zu sein. Und wenn es einem schlecht geht, mehr zu meditieren und all das Schlimme, was wir täglich über den Bildschirm flimmern sehen, auszublenden, weil man mit einem weichen Herzen sonst nur noch schreiend durch die Welt laufen würde und den Impuls hätte, seine E-Gitarre auf einem Panzer zu zertrümmern.

 

Auch unser Glaube muss mehr sein als das Sahnehäubchen auf einem durchkonzipierten  Leben. Aus dem Miteinander feiern, der Gemeinschaft, dem Singen und Beten muss Aktion entstehen. Das wird nicht immer leicht sein, nicht immer happy. Die gute Nachricht ist aber, dass Gott  uns anscheinend zutraut, die Welt zu verändern, wenn er uns heute anspricht.

 

Karin Stürznickel-Holst

Fachbereichsleitung Allgemeine Soziale Dienste

Caritasverband Nordhessen-Kassel e.V.