26. MÄRZ 2023

Gedanken zum 5. Sonntag der Passionszeit / Judika

„Schaffe mir Recht, Gott!“ (Ps 43,1)

 

Der heutige Text stammt aus dem Buch Psalmen, mit 150 Gebeten, die zwischen 3000 und 2200 Jahre alt sind. Dennoch sind sie bis heute lebendige Gebete, weil sie das Leben in all seinen Schattierungen vor Gott tragen. Mal ist es Lob und Dank, mal sprechen sie vom Vertrauen und Hoffnungen in Gott, mal sind sie von Not und damit Klage an Gott bestimmt. Meistens ist es eine bunte Mischung von allem. Schauen wir gemeinsam nun auf Psalm 43. Was geht uns als Ehrenamtliche, als beruflich Tätige durch den Sinn? Wie hören unsere Gäste den Text?

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Da muss ein Mensch „trauernd umhergehen“. Dieser Mensch fühlt sich „vom Feind unterdrückt“. Dieser Feind bleibt gesichtslos. Zuvor spricht der Beter „von bösen und tückischen Menschen“. Bei solchen Erfahrungen wird auch heute schnell verallgemeinert, aus Feind und Menschen wird ein „treuloses Volk“. Wenn sich die Lage nicht wendet, wird die Frage an Gott gestellt: „Warum hast du mich verstoßen?“

 

Bei allen diesen Gefühlen, ist der Beter oder die Beterin nicht ohne Ziel und Richtung!

 

Wo möchte der Beter gern sein? Welche Hoffnung trägt ihn?

Er möchte „zu deinem heiligen Berg und deinen Wohnungen“, zum „Altar Gottes“ gelangen, also nach Jerusalem, in den Tempel, in den inneren Bereich, wo Gott in seiner ganzen Fülle präsent ist. Seine Freude und seinen Jubel kann er dort mit der Leier zum Ausdruck bringen und Gott danken.

 

Wo ist für uns heute dieser Ort der Gegenwart Gottes?

Ist es eine Kirche? Ist es ein Ort im Freien? Ist es eine Wohnung? Ist es die Bahnhofsmission?

 

Auf welchen Gott schaut die Beterin?

Sie hofft auf ihren Gott, der ihr „der Gott meiner Zuflucht“ ist. Gott ist für sie „dein Licht und deine Wahrheit“, die sie an den gewünschten Ort leiten kann.

 

Welche lichten Momente offenbaren uns heute Wahrheit? Wo suchen wir Zuflucht und verbinden dies mit der Anwesenheit Gottes?

 

Der Beter ist damit noch nicht am Ende. Er geht mit sich selbst in eine Art Zwiesprache: „Was bist du bedrückt, meine Seele, und was ächzt du in mir?“ Und fordert dazu auf: „Harre auf Gott“. Doch dies tut der Beter schon die ganze Zeit, sie stellt sich mit allem vor ihren Gott und erwartet „führe meinen Rechtsstreit“ und „verschaffe mir Recht, Gott!“ Auch wenn dieser richterliche Entscheid, der zum Recht verhilft noch aussteht, harrt der Beter vor Gott aus – und dies muss auch Gott aushalten!

 

Trauen wir uns das heute auch? Trauen wir es uns heute!

Gott hält es sicherlich aus. Gott wird dann für uns gegenwärtig sein.

 

Peter Nagel

 

Peter Nagel

Theologe, Sozialarbeiter,

Referent für Bahnhofsmissionen

für die Caritas in Niedersachsen/Bremen

(2007 - 2020)