09. JULI 2023

Gedanken zum 5. Sonntag nach Trinitatis

Denn durch die Gnade seid ihr gerettet durch Glauben. Ja, das heißt: nicht aus euch. Das Geschenk kommt von Gott. (Eph.2,8 Bibel in gerechter Sprache)

 

Ich lese den Text und frage mich direkt: was bedeutet Gnade eigentlich konkret? Jede*r benutzt den Begriff in unterschiedlichen Kontexten. Ich schaue einfach mal nach, was denn die Bedeutung ist, um den Begriff in den unterschiedlichen Zusammenhängen genau zu erfassen und richtig zu benutzen.

GNADE wird definiert als gewährte Freundlichkeit, Wohltat oder Erbarmen. Im christlichen Kontext wird sie definiert als elementare Erfahrung, dass uns das Wesentliche im Leben geschenkt wird

Unser Leben ist geprägt von Zielen, die es gilt zu erreichen: es beginnt schon vom ersten Atemzug an.
Wir Lernen: wir lernen zu Essen, wir lernen zu laufen und so geht es weiter mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen lernen und zieht sich durch unser ganzes weiteres Leben.

 

Was haben wir alles gelernt? Was haben wir auch dadurch alles erreicht? Haben Schulabschlüsse gemacht, haben Berufe erlernt. Manches hat uns neue Welten eröffnet: denn sich zum Beispiel in einer anderen Sprache mit Menschen verständigen zu können ist wunderbar! Manches hat uns erst Chancen eröffnet, die unter anderen Umständen nicht möglich gewesen wären.

Wir haben uns teilweise Mühen müssen, um das eine oder andere zu erreichen, anderes ist uns eher zugefallen. Das eine lief eher beiläufig, anderes eher mit großer Anstrengung – aber immer verbunden mit dem Wissen des eigenen Einsatzes.

 

Aber das Leben lehrt auch, dass es manches gibt, dass nicht beeinflussbar ist, sondern uns „einfach“ geschenkt wird. Wir können es weder kaufen, noch einfordern, noch es uns verdienen – selbst mit größtem Fleiß und Mühe und Willen. Auch selbst herstellen, ist einfach nicht möglich. Es bleibt für uns unerreichbar, solange bis wir es ganz einfach geschenkt bekommen.

Das beste Beispiel dafür ist die Liebe! Wir können sie nicht kaufen oder einfordern. Sie ist ein Lebensgeschenk, das wir von einem anderen Menschen erhalten. Sie ist eben genau das: eine GNADE!

 

Und ebenso schreibt nun Paulus im Brief an die Epheser, dass auch der Glaube ein solches Geschenk ist. Wir bekommen es ungefragt. Ganz „einfach“ wie ein Geschenk, das wir ebenso wenig einfordern können und ohne Gegenleistung erhalten.


Aber… - wird jetzt der eine oder die andere denken – wieso ein Geschenk? Bin nicht ich es, die/ der glaubt – ist es nicht ein aktiver Prozess, den ich bewusst lebe? Für den ich mich bewusst entschieden habe?

 

Schließt sich das aus? Ich denke nicht! Denn so wie im Gleichnis vom Sämann, fällt die Frucht auf unterschiedliche Böden. Und so wie Gottes Geist Kraft weht, wo sie will, ist der „fruchtbare Boden“ unseres Glaubens eben dieses Geschenk.

 

Gerade in Zeiten, die insbesondere vor dem Hintergrund der immer größer werdenden Ansprüche an jede*n einzelne*n, immer fordernder werden, ist das doch eine wirklich beruhigende und fast tröstliche Nachricht. Es braucht kein Eifern, kein Mühen, kein Handeln – unser Glaube ist und bleibt ein Geschenk, das Gott uns einfach so gibt. Lassen wir es zu! Nutzen es – ganz für uns! Zum Segen für Alle!

 

Herzlichst mit den besten Wünschen für eine erholsame und erfrischende Sommerzeit

Doris Vogel-Grunwald

 

 

 

Diakonin Doris Vogel-Grunwald

Leiterin der Bahnhofsmission in Oldenburg,

Diakonisches Werk der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg;
Landesverband Oldenburg