Berlin, 02.08.2023 – Das Statistische Bundesamt hat zum Stichtag 31. Januar 2023 insgesamt 372.000 wohnungslose Menschen ermittelt, die in Unterkünften der Kommunen, i.d.R. nach dem Ordnungsrecht sowie in Einrichtungen der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe untergebracht waren. Wohnungslose Menschen, die bei Freund:innen oder Bekannten vorübergehend unterkommen, Menschen, die aufgrund der fehlenden Wohnung prekäre Mitwohnverhältnisse eingehen und Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben, werden in dieser Zählung nicht berücksichtigt. Mehr...
Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W:
„Der massive Anstieg untergebrachter wohnungsloser Menschen ist deutlicher Ausdruck der Wohnungskrise in Deutschland. Es fehlt überall an bezahlbaren und sozialgebundenen Wohnungen. Wir begrüßen die Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen, die nun zum zweiten Mal stattgefunden hat, denn sie zeigt die Dimension der Wohnungslosigkeit in Deutschland. Wichtig ist jedoch: Mit dieser Statistik werden nicht alle wohnungslosen Menschen in Deutschland erfasst, sondern ausschließlich diejenigen, die am 31. Januar 2023 institutionell untergebracht waren. Die Statistik zeigt einen bedeutenden Teilbereich der Wohnungslosigkeit, gibt jedoch keinen vollständigen Überblick."
Der freiverbandliche Sektor der Wohnungsnotfallhilfe stellt neben verschiedenen Formen von Unterbringungen vor allem ambulante Hilfeangebote wie Beratungsstellen, Tagesaufenthalte oder Streetwork für Menschen zur Verfügung, die von Wohnungslosigkeit betroffen und bedroht sind.
„Aus den Daten der Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe geht hervor, dass knapp 70 % der akut wohnungslosen Menschen vorübergehend bei Freunden, Bekannten oder bei ihrer Herkunftsfamilie Unterkunft suchen, prekäre Mitwohnverhältnisse eingehen oder ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Diese Menschen werden mit der heute vorgelegten Statistik nicht erfasst“, so Rosenke.
Der Anstieg von 178.000 untergebrachten wohnungslosen Menschen im Jahr 2022 auf 372.000 im Jahr 2023 ist zu einem großen Teil der gestiegenen Zahl Geflüchteter aus der Ukraine und anderer Herkunftsländer geschuldet. Es wäre jedoch ein Trugschluss, Wohnungslosigkeit auf Flucht und Migration zurückzuführen. Kündigungen, Mietschulden, Erkrankungen oder häusliche Gewalt sind wichtige Gründe und Auslöser von Wohnungslosigkeit.
Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAG W, macht deutlich:
„Die Situation auf einem immer angespannteren Wohnungsmarkt in vielen Regionen wird für eine wachsende Zahl von Menschen zunehmend dramatisch. Das permanente Schrumpfen des Sozialwohnungsbestandes muss gestoppt und Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten müssen systematisch eingesetzt werden. Es reicht nicht, erst zu reagieren, wenn eine Person schon akut bedroht oder wohnungslos ist."
Auch die Zahl der untergebrachten wohnungslosen Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, also Personen, die nicht durch Flucht wohnungslos geworden sind, ist um mehr als 9% gestiegen.
Bei der Einordnung der Zahlen des Statistischen Bundesamtes muss berücksichtigt werden, dass Familien i. d. R. im kommunalen Unterbringungssektor versorgt werden. Deswegen findet sich dort auch die hohe Zahl der geflüchteten Familien und der Minderjährigen. Auch viele der anerkannten Geflüchteten aus anderen Regionen werden im kommunalen Sektor untergebracht.
In der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe überwiegen die wohnungslosen Einpersonenhaushalte, die auf den überhitzten Wohnungsmärkten kaum eine Chance auf eine bezahlbare Wohnung haben. Im Sektor der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe überwiegt der Anteil von Klient:innen mit deutscher Staatsbürgerschaft.
„Deutlich mehr bezahlbarer Wohnraum und mindestens 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr sind eine Grundvoraussetzung zur Überwindung von Wohnungslosigkeit. Wohnungslose Menschen haben jedoch einen deutlich erschwerten Zugang zum allgemeinen Wohnungsmarkt, deshalb benötigen wir Quoten an Wohnungen, die ausdrücklich an wohnungslose Menschen vermietet werden. Bei weitergehenden Hilfebedarfen bieten die Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe ihre Expertise bei Beratung und Unterstützung an“, so Rosenke.
Darüber hinaus fordert die BAG W leerstehende Immobilien zu akquirieren, um das Angebot an Wohnraum zu erweitern und die drängende Wohnungsnot zu lindern. Dazu muss auch die Wohnungswirtschaft ins Boot geholt werden.
Die BAG Wohnungslosenhilfe ist der Dachverband der Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfen in Deutschland und hat fast drei Jahrzehnten die Einführung einer bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik gefordert. Die BAG W veröffentlicht aber auch in regelmäßigen Abständen eigene Schätzungen zur Zahl der Wohnungslosen in Deutschland und betreibt ein Dokumentationssystem zur Wohnungslosigkeit (DzW), basierend auf den Daten der Dienste und Einrichtungen zur Lebenslage ihrer Klient:innen.
Die Pressemitteilung finden Sie auch auf der Webseite der Bundesarbeittsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. unter diesem Link.
Bei eventuellen Rückfragen steht zur Verfügung:
Werena Rosenke, Geschäftsführerin BAG W, werenarosenke@, 0151-16700303 oder (030) 2 84 45 37-11 bagw.de
Pressemitteilung der
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.
Waidmannsluster Damm 37, 13509 Berlin
Tel (+49) 30-2 84 45 37-0 • Fax (+49) 30-2 84 45 37-19
info@bagw.de • www.bagw.de • twitter.com/bagw
facebook.com/bagwohnungslosenhilfe
Bahnhofsmissionen vor Ort
Unter Zur nächsten Bahnhofsmission
finden Sie die Kontaktdaten aller 104 Bahnhofsmissionen in Deutschland.
Bahnhofsmission Deutschland e.V.
Ihr Kontakt beim ökumenischen Bundesverband der Bahnhofsmissionen
Telefon +49 (0) 30 644 919 960
kommunikation@ bahnhofsmission.de