22. OKTOBER 2023

Gedanken zum 20. Sonntag nach Trinitatis

„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." (Micha 6,8)

 

Es ist uns hier deutlich gesagt: Das fordert Gott von uns und wir sollen wissen, dass es gut ist. Drei Dinge: Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor Gott. Liest sich, wie eine klare Regel.

Gottes Wort halten ist ein hoher Anspruch. Können wir uns an sein Wort halten? Eine Haltung einnehmen, die das verkörpert, was von ihm gemeint ist? Wir Christen versuchen es alle auf unsere individuelle Art. Wir haben unterschiedliche Perspektiven darauf, wie sein Wort zu interpretieren ist. So wie andere Religionen auf ihre Lehren Perspektiven entwickeln oder auch Menschen, die keine Religion haben ihren Sinn ganz unterschiedlich definieren.

In seinem Namen sind von Menschen, die sich im Recht glaubten und auf sein Wort beriefen, schlimme Sachen ausgegangen. Wenn wir in der Genesis anfangen, erscheint mir schon das: „Macht euch die Erde untertan“ aus heutiger Sicht als eine Haltung, die seine Schöpfung zerstört. Auch die Inquisitoren beriefen sich auf sein Wort.

Liebe üben hört sich etwas einfacher an. Ist es aber nicht unbedingt. Es ist schön und tut gut, Freund*innen, Familienmitglieder und liebevolle Menschen zu lieben. Bei Personen, die selber nicht freundlich mit uns umgehen, manchen Gästen, die in die Bahnhofsmission kommen, kann es manchmal schwer sein immer wieder eine „liebevolle“ Basis für die gemeinsame Kommunikation zu finden. Eine Haltung, die sich an Jesus orientiert, kann da helfen.

Demütig sein vor Gott – das rückt die anderen beiden Forderungen wieder in eine Balance. Jemand der demütig ist, kann sich nicht für jemanden halten, der alleine weiß, was richtig ist. Sokrates wusste schon: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ und zeigte damit, dass es auf das Fragen und Suchen ankommt, nicht auf Überzeugungen von Überlegenheit. Ein wahrhaftig demütiger Mensch kann weder die Natur ausbeuten, noch anderen seinen Glauben oder seine Ideologie aufzwingen. Er bemüht sich darum, gerade nichts aufzuzwingen, sondern lediglich eine andere Art zu denken oder leben anzubieten; Probleme liebevoll und partnerschaftlich zu lösen. Das versuchen wir an den Bahnhöfen und möglichst mit Liebe. Es gelingt immer wieder, wenn wir auch immer weiter üben müssen.       

Barbara Kempnich

Bahnhofsmission Düsseldorf