19. NOVEMBER 2023

Gedanken zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahres

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi." (2 Kor 5, 10a)

 

Was für eine Aussage! Nun wird beurteilt, wo war ich ein Gut-Mensch und wo war ich ein Schlecht-Mensch. Dies ist kein Schön- Rede- Text.

 

 Buß- und Bettag sowie das Gedenken an Verstorbene stehen bevor.

 

 Ich gehe zu den Gräbern meiner Lieben und denke auch an die verstorbenen Gäste in unserer Bahnhofsmission. Erinnerungen steigen in mir auf. Und auch Trauer über den Verlust, der durch den Tod – plötzlichen Tod dieser Menschen ausgelöst wurde. Auch werde ich an die eigene Sterblichkeit erinnert. Eines Tages muss ich mein irdisches Haus verlassen.

 

Dann müssen wir uns verantworten für unsere Taten und Worte. Jetzt geht es an das „Eingemachte“ im Leben. Nun müssen wir vor den Richterstuhl! Was ist mir gut gelungen und wo hab ich versagt!

 

Vor einiger Zeit wurde ich zu Gericht geladen. Ich musste eine Aussage über einen Gast, einen langjährigen Gast unserer Bahnhofsmission machen.

Er kam in Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal. Ich versuchte bei meiner Aussage auch über positive Dinge zu berichten, die wir mit ihm bei uns erlebt hatten. Er hatte aber so viel Negatives, anderes angerichtet. Meine Aussage konnte nicht mehr viel bewirken. Er kam für weitere Jahre in eine Einrichtung mit Sicherheitsverwahrung, er wäre gern in ein betreutes Wohnen gegangen. Wo wird er mal sein, wenn sein irdisches Haus nicht mehr vorhanden ist?

 

 

Kann es sein, dass wir Christen es uns manchmal zu leicht machen – weil wir durch die Taufe im Glauben an Jesus Christus – Freigesprochene sind? Kann uns dennoch etwas passieren? Wir wissen, dass Gott uns in sein Haus aufnehmen wird. Daraus können wir Kraft und Hoffnung schöpfen. Weil wir das wissen, versuchen wir, jeden Tag Gott gefällig zu leben. Daraus können wir Kraft und Hoffnung schöpfen. Aber ich finde, ich kann und bin nicht jeden Tag ein Gut-Mensch!

 

An unserem letzten Tag, am Tag des Gerichts wird über unser Leben bestimmt. Es geht dann um unsere Sünden, unseren Ungehorsam, unsere dunklen Seiten. Diese werden dann ein letztes Mal „offenbar“. Um dann endgültig weggenommen, verbrannt zu werden. Denn das alles hat dann keinen Platz mehr in der Gemeinschaft mit unserem Gott. Dann erhalten wir von Gott ein neues Zuhause. Dieses Bauwerk ist nicht von Menschenhand gemacht und wird für immer im Himmel bleiben. Was für eine gute, beruhigende Aussage!

 

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang. Und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar

Psalm 23

 

Bleiben Sie behütet!

 

Ihre Heike Müller

 

Heike Müller

Leiterin der evangelischen

Bahnhofsmission Halle/S.