19.MAI 2024

Gedanken zu Pfingstsonntag

"Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr." Zebaoth Sach.4,6b

 

In einer Zeit, in der Aufrüstung allerorten zu den wichtigsten Themen geworden zu sein scheint, klingen die Worte des Wochenspruchs zu Pfingsten befremdlich. Die abnehmende Zahl der Pazifisten, die einmal die Mehrheit unseres Landes im Rücken hatten, haben weniger Rückhalt und befinden sich manchmal sogar im Konzert derer, die alles andere als eine friedliche Welt im Kopf haben. Wir sprechen heute von unserer wehrhaften Demokratie – und sind uns im Klaren darüber, dass Verteidigung auch mit Waffengewalt einhergehen muss.

 

Gleichzeitig erleben wir, wie gerade in dieser Zeit der gesellschaftliche Ton rauer wird, wie auch die innergesellschaftliche Gewaltbereitschaft zunimmt, zuerst verbal, dann auch tatsächlich immer wieder handgreiflich. Gewalt führt in eine Spirale der Gewalt, sie erzeugt Gegengewalt und als solche wieder neue Gewalt.

 

Der pfingstliche Geist sucht nach Alternativen. Eine Gesellschaft braucht Menschen, die Alternativen vorleben, die diese Regeln durchbrechen. Es bedarf auf allen Ebenen der Menschen, die auch andere Wege der Konfliktlösung suchen.  Dazu gehört die Diplomatie auf politischer Seite. Dazu gehören aber auch Menschen, die bereit sind, zugewandt Gräben zu überbrücken und den Bogen zu den anderen zu schlagen, auch wenn das nicht immer leicht ist und sogar mit Gegenwehr einhergeht.

 

Aber genau das ist der pfingstliche Geist, den Gott in die Welt gesandt hat und der Menschenherzen immer wieder neu erreicht. Tatsächlich wird nur so ein Leben auf dieser Erde möglich, bei dem die Menschen und das Leben sich entfalten können.

 

Es gibt Zeiten, da wirkt dieser Geist nicht weithin erkennbar, es gibt aber auch Zeiten, in denen dieser Geist Menschen als Brückenbauer aus dem Verborgenen heraustreten lässt. Pfingsten, das Fest 7 Wochen nach Ostern, will das ins Bewusstsein treten lassen und immer mehr Menschen für diesen Geist gewinnen. Möge er viele anstecken.

 

Klaus-Dieter Kottnik

Klaus-Dieter Kottnik

Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe 

Vorsitzender des Bahnhofsmission Deutschland e.V.

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@bahnhofsmission.de