"Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat." 1. Johannesbrief 5, 4c
Manchmal nehme ich die Sätze mit, über die ich mir meine Gedanken machen soll, und frage andere Menschen. Die Reaktion meiner Kollegin Gisela war „Oh, Gott“ und danach ein „OhGottohGott“. Ich vermute, ihr war der Satz einfach zu viel – Glaube-Sieg-Welt-Überwindung.
Unser Glaube? Ich muss an den 13.Juli 2024 denken, als auf Donald Trump ein Attentat verübt wurde: Eine Kugel streifte ihn am Ohr. Dass nichts Schlimmeres passierte, war laut vielen Christinnen und Christen in Amerika darauf zurückzuführen, dass Jesus selbst die Kugel umgelenkt hat. Ist dies unser Glaube?
Sieg? Als hätten wir eine Schlacht geschlagen, an deren Ende wir ein für alle Mal gesiegt haben.
Überwindung der Welt? Gerade im Urlaub, ist die Welt einfach wunderschön: Das türkisfarbene Wasser, die Wellen, der Himmel, ein Wiedehopf landet vor mir, mein Enkel läuft voller Begeisterung nackt ins Meer. Und ich stelle mir vor, dass Gott uns dies alles zur Freude geschenkt hat und sich mit uns freut, wenn wir einfach mal nur sind.
Aber dann fallen mir die Worte von Frère Roger, dem Gründer der Communauté von Taizé ein: Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast, und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es!
Und ich habe verstanden, dass wir alle von Gott geliebte Geschöpfe sind, ausgestattet mit dieser unveräußerlichen Würde und dass uns das Vertrauen auf diese Liebe die Widrigkeiten der Welt überstehen lässt und wir mit den Talenten, mit denen Gott uns ausgestattet hat, an unserem jeweiligen Ort bereits jetzt am Reich Gottes mitbauen.
Dann fluten wir unsere Bahnhofsmissionen mit seinem Licht und besiegen das Dunkel mit einem Käsebrötchen, einem Lächeln, einem Gespräch, einem ausgefüllten Antrag und immer wieder mit einem guten Kaffee- kurz mit allem, was stärkt, um weitergehen zu können.
Und beim Schwimmen zur Boje in dem wunderbaren Meer denke ich darüber nach, dass schon die pure Existenz der Bahnhofsmissionen seit 125 Jahren ein Sieg des Glaubens ist; eine Einrichtung, mit der sich kein Geld verdienen lässt, wo sich nicht die Klugen, Reichen und Schönen die Klinke in die Hand geben, sondern Menschen, die oft nicht das Nötigste zum Leben haben, die bittere Geschichten erzählen können und manchmal verwahrlost und verwirrt nur ein schroffes ”Kaffee!” über den Tresen bellen.
An alle ehrenamtlich Mitarbeitenden, die tiefer schauen und deshalb auch dann noch ein freundliches Wort haben: Danke! Ihr seid Kinder des Lichtes!
Karin Stürznickel-Holst
Fachbereichsleitung Allgemeine Soziale Dienste
Caritasverband Nordhessen-Kassel e.V.