26. JANUAR 2025

Gedanken zum 3. Sonntag nach Epiphanias

Jesaja 60, 2b

 

Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.

 

Im Winter vermissen viele die Sonne. Ab 21.12., da geht’s wieder aufwärts, da werden die Tage länger und die Nächte wieder kürzer. Im Frühling strecken sich dann alle nach den ersten Sonnenstrahlen aus, die Parks sind voll, viele sitzen in der Außengastro, auch wenn sie die dicke Jacke anbehalten müssen. Die Sonne bringt die Lebensgeister in Schwung, sie wärmt, das Leben ist gleich ganz anders, wenn es nicht dunkel und neblig ist.

 

Unschwer zu erkennen, dass die Sonnenmetapher in unserem heutigen Schriftwort mit Gott in Verbindung gebracht wird. Wenn die Bibel von Sonne, Mond und Sternen redet, erst recht im Ersten Testament, dann muss man sich immer in Erinnerung rufen, dass die Völker der Antike mit den Himmelskörpern ihre Götter in Verbindung brachten. In Israel, das nur den einen Gott kennt,werden die Gestirne dann „säkularisiert“ und „naturalisiert“: Das große Licht, das über den Tag herrscht und das kleine Licht, das über die Nacht herrscht, heißt es in der ersten Schöpfungserzählung

(vgl. Genesis 1,14–18).

 

Hier – im Propheten Jesaja – auch einem recht späten Text, ist es nun ebenso nicht JHWH, der Gott Israels, der stärker ist als die Götter der anderen Völker. Nein, hier gibt es gar keine anderen Götter mehr, JHWH ist der einzige Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt, Ausgang, Grund und Ziel der gesamten Geschichte. Die Sonne wird nicht mehr mythologisiert, als Gottheit verehrt

und angebetet. Sie erscheint als Bild dafür, wie Gott ist, der „über den Himmeln“ thront“ und doch ganz nah bei den Menschen ist. In christlicher Perspektive ist der unfassbare Gott im Menschen Jesus

von Nazareth ein Teil dieser begrenzten, endlichen, manchmal krisenhaften Welt geworden.

 

Die „Herrlichkeit‘“, im Hebräischen ‚Schekinah‘, meint das bleibende Zugewandtsein Gottes, mit dem er im Glauben Israels auf der Erde und im Tempel in Jerusalem präsent ist. Ähnlich wie seine

„Geistkraft“ ist „Herrlichkeit“ der ausgestreckte Arm Gottes, sein Kommunikationsangebot, seine Anwesenheit. Trotzdem bleibt er Gott, überzeitlich, unbeschränkt, unbeschreibbar.

 

In diesem Sonnenbild zeigt der Prophet, dass Gott wie die Sonne seine Wärme und sein Licht, seine Kraft über dem Menschen ausstrahlt. Wie die Sonne schafft Gott Wachstum und Leben,

lässt Pflanzen wachsen und wärmt Tiere und Menschen. In unserer heutigen Zeit gewinnen wir sogar Energie aus der Kraft der Sonne und müssen hoffentlich bald nicht mehr auf fossile Brennstoffe zurückgreifen.

 

Ein Segen ist dieser Satz, wenn er einem Menschen zugesagt wird: G‘tt wölbt sich über dir, er schenkt dir Kraft, Licht und Leben, sie begabt dich, lässt dich diese Welt und ihre Wunder erkennen.

Und nicht zuletzt lässt er dich IHN erahnen und IHM begegnen. Er wendet sich dir zu.

 

Dass Sie das in diesen ersten Sonnentagen des neuen Jahres als Bild für Gottes Scheinen erleben und annehmen können, wünsche ich Ihnen.

 

Dr. Hubertus Schönemann.

 

 

 

 

 

 

Dr. Hubertus Schönemann ist Theologe und als Vorsitzender sowie als Diensttuender in der Ökumenischen Bahnhofsmission Erfurt engagiert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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