14. FEBRUAR 2025

Gedanken zum 3 Sonntag vor der Passionszeit

Not sehen und HandelnLukas 10,29 - 37

 

Die meisten Menschen, egal ob christlich oder nicht, kennen die biblische Geschichte vom barmherzigen Samariter. 

Jesus erzählt diese Gleichnis, um das Gebot der Nächstenliebe zu erklären. In einer Debatte um die richtige Auslegung jüdischer Gesetze hatte ihm jemand die provokante Frage gestellt, wer denn der Nächste oder die Nächste ist, dem ich mich in Liebe zuwenden soll. 

Sowohl Caritas als auch Diakonie verknüpfen diese Geschichte vom barmherzigen Samariter mit dem Kern ihres Selbstverständnisses.


Was aber ist das Besondere an der christlichen Nächstenliebe?


Nun wäre es vermessen zu behaupten, dass wir Christen und Christinnen die einzigen sind, die ihre Nächsten lieben. Denn rund um uns herum gibt es viele Menschen, ganz gleich ob Musliminnen, Atheisten oder Humanisten, deren Liebestätigkeit wir uns zum Vorbild nehmen können. Das Gewissen und der Impuls zu Helfen ist ins Herz jedes Menschen eingeschrieben. Der christliche Glaube kann diesen natürlichen Liebestrieb fördern und aktivieren.


Jesus kommt es gar nicht darauf an, aus welcher Motivation der Samariter dem Menschen, der auf der Straße von Jerusalem nach Jericho unter die Räuber gefallen ist, hilft. Für den Hilfebedürftigen spielt es im Moment der Not auch kaum eine Rolle, ob die hilfsbereite Person gläubig ist oder nicht.


Was die Tat des Samariters so besonders macht ist, dass er dort hilft, wo andere vorbeigehen. Das ist es, was die christliche Liebestätigkeit auszeichnet: Sie ist die Antwort auf das, was in einer bestimmten Situation unmittelbar not tut: Sie sieht die Not, wo andere wegschauen. Sie lässt sich vom Leid des anderen anrühren. Dabei bleibt sie nicht beim Mitgefühl stehen, sondern organisiert sinnvolle Hilfe und kommt ins Handeln.


Wenn wir von „Nächste Hilfe: Bahnhofsmission.“ sprechen, sollten wir uns daran erinnern, dass christliche Nächstenliebe besonders für diejenigen da ist, die – sei es von Einzelnen, von Hilfsorganisationen oder vom Sozialstaat – übersehen, ignoriert, zur Seite gedrängt und übergangen werden. Der barmherzige Samariter macht es uns vor.

Dr. Gisela Sauter-Ackermann

Bundesgeschäftsführung Bahnhofsmission