23. MÄRZ 2025

Gedanken zum 3. Sonntag der Passionszeit

"Meine Augen schauen immer auf den Herrn" Psalm 25,15

 

Wenn meine Augen immer auf den Herrn schauen, ergibt sich eine ganz eigene Perspektive. Demensprechend heißt es in einem Gebet: „Gott, lass uns die Welt im Licht deiner Weisheit sehen“. Diese Sichtweise ist anders als die oftmals Gängige. Sie ist nicht bestimmt von den Defiziten und von all dem, was schlecht läuft. Sie ist bestimmt von den Möglichkeiten und Gottes liebendem Blick auf alles.

Leider stand auch bei den Kirchen oft genug das Böse und die Sünde im Mittelpunkt des Denkens. So wurde auch das griechische Wort „metanoia“ mit „Buße tun“ übersetzt. Zum Beispiel in jenem Wort, das der Evangelist Markus Jesus gleich zu Anfang (quasi als Zusammenfassung seiner ganzen Botschaft) in den Mund legt: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,15 – ähnlich Mt 4,17). Umkehr ist viel mehr als „Buße tun“.

 

Denn Gottes Reich ist da, wo Gott Herr sein darf. Unter seiner Herrschaft (Gottesherrschaft – eine andere Übersetzung für Reich Gottes) gelten nicht die Gesetze des Stärkeren und Mächtigen. Da gilt die ursprüngliche Schöpfungsordnung. Da lebt der Mensch als Abbild Gottes und damit als Sachwalter dieser Gottesordnung. Mensch und Natur in Harmonie. Sich darauf immer wieder neu einzulassen, ist Umkehr.

 

Für den Evangelisten Lukas ist das Reich Gottes und seine Nähe sehr konkret. In seinem Evangelium ist das erste, was Jesus inhaltlich (quasi als sein Grundauftrag) sagt, ein Zitat aus dem Propheten Jesaja: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe“ (Lk 4,18-19).

 

Diese Zusage ist nicht auf Jesus beschränkt, sondern Auftrag für alle, die ihm nachfolgen. Doch bevor dies Auftrag wird, ist es Zusage an die Nachfolgenden selbst. Es ist das Geschenk, erst einmal selbst die Gnade des Herrn als Befreiung aus eigenen Ängsten und Zwängen, als Augenöffner für den Blick auf sich selbst und die Welt erfahren zu dürfen. Wer dies erfahren hat, wird zwar auch das Schlechte und die Fehler in der Welt und im eigenen Leben sehen. Vielleicht sogar klarer als andere. Doch seine primäre Perspektive ist nicht das Böse und die Abkehr von ihm. Seine Perspektive ist die Hinkehr zu Gott, weil die Augen auf Gott und seine Barmherzigkeit gerichtet sind.

                                                                                                                           Bernd Lutz

Prof. Dr. Bernd Lutz

Theologe, Professor für Pastoraltheologie

und Leiter der Arbeitsgruppe

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