25. MAI 2025

Wie halten Sie es mit dem Gebet?

 

„Wie halten Sie es mit dem stillen Gebet nach der Predigt, werter Monsignore?“ fragte der Diakon den langgedienten Priester. „Ach“, antwortete dieser, „ich setzte mich würdevoll, falte die Hände, beuge den Kopf und zähle langsam bis 30. Dann sage ich salbungsvoll Amen.“

Wie halten Sie es mit dem Gebet? Beten Sie täglich, zu einem freudigen Anlass oder in Krisensituationen? Ist Beten in unserer postmodernen Zeit überhaupt noch angemessen oder nur ein übriggebliebenes Relikt für religiöse Gemeinschaften?

 

Beten ist im Übrigen keine christliche Erfindung. Wir wissen, dass es Gebetspraxen bereits in der Antike gab. Horaz und Seneca beschreiben zum Beispiel, dass das Morgen- und Abendgebet eine ideale Zeit sei, die Hausgötter zu begrüßen (vgl. Rainer Gugl, 2018). Im alten Testament wird gleich zu Beginn berichtet, dass man zu Zeiten Kain‘s und seiner Nachkommen bereits begann, „denn Namen des Herrn anzurufen“ (Genesis 2, 26).

 

Interessant ist, dass keines der Gebete im luftleeren Raum stattfand, sondern unter der Annahme, dass es einen hörenden und handelnden Gott (bzw. Götter in der Antike) gibt. Wir lesen Texte im alten wir im neuen Testament, bei denen Gott Bitten gewährt hat. Schön, sagen wir, das war damals, und wer weiß, ob das alles so stimmt, was damals aufgeschrieben wurde. Und nun stellt sich die Frage, wirkt Gebet denn heute noch? Kommt es dabei auf mich, den Beter, die Beterin, an?

 

Es gibt freiformulierte oder vorformulierte Gebete, wir beten allein oder in Gemeinschaft, laut oder leise, auch mit Gesang, und je nach Kultur sogar mit unterschiedlichen Körperhaltungen, wie stehend, kniend, liegend, mit gefalteten Händen, mit geschlossen Augen, und so weiter und so weiter.

 

Selbst für die Freunde von Jesus war die richtige Gebetspraxis so wichtig, dass sie ihn bitten: „Herr, lehre uns beten.“  Diese Frage stellen sie, nachdem sie Jesus haben beten sehen. Und dann bringt ihnen Jesus das Gebet bei, dass wir noch heute kennen. Es beginnt mit dem Wort „Vater“. Neben allen anderen Inhalten dieses Gebetes, sagt es deutlich, dass es nicht nur eine rituelle Handlung, sondern an einen auf Beziehungen und das Zuhören ausgerichteten Gott gerichtet ist.

 

So kommt es meiner Meinung nicht darauf wie wir beten, oder ob wir erfahrene Glaubensmenschen sind. Es kommt darauf an, an wen sich unser Gebet richtet, nämlich an einen mächtigen Gott, der sich für uns interessiert und zuhört. Versuchen Sie es heute doch einmal, beten Sie, als Dank oder als Bitte, ganz gleich was Sie heute brauchen.

 

Wie halten Sie es mit dem Gebet?          

 

Gabi Melchior

Headerbild